Zuhause auf Zeit im Städtischen Wohnheim Cottbus
Vor uns erstreckt sich das Gebäude mit drei Etagen, einen Anstrich, bei dem wir uns nicht sicher sind, ob es nur weiß ist oder einen gelben Stich hat, vielleicht Eierschale. Was von außen wie ein normales Wohnhaus wirkt, ist das Städtische Wohnheim Cottbus. Wortwörtlich steht die Tür offen. Anstandsweise noch einmal klingeln. Herr Wagner und seine Kollegin, zwei junge Erzieher des Wohnheimes, empfangen uns herzlich und geleiten uns zum Essensraum.
Ein kleiner Einblick zum Aufbau des Wohnheimes
Das Wohnheim hat alles, was es für ein Zuhause braucht: Küche, Wohnzimmer, Badezimmer. Ein großer Unterschied ist aber, dass es einen Jungen- und einen Mädchenflügel gibt. Im unteren Stockwerk befindet sich die Küche, der Essensraum, das Gesellschaftszimmer sowie das Büro der Betreuer. In den oberen Stockwerken gibt es einzelne Wohnungen bzw. Wohneinheiten. Jede Wohneinheit besitzt zwei Zimmer, in jedem Zimmer können zwei Schüler unterkommen, eine kleine Küche und ein eignes Bad.
Wer wohnt denn überhaupt im Städtischen Wohnheim? Das Wohnheim ist hauptsächlich mit den Schülern vom Max-Steenback-Gymnasium, einer überregionalen Schule mit dem Schwerpunkt Naturwissenschaften. Es haben aber auch Schüler von anderen Schulen in Cottbus oder Auszubildende von schulischen Ausbildungen die Möglichkeit hier unterzukommen. Voraussetzung ist nur, dass man einen langen Anfahrtsweg nach Cottbus hat, z.B. 1 bis 2 Stunden pro Fahrtstrecke.
Wichtige Info: An Wochenenden und in den Ferien ist das Wohnheim geschlossen, sodass die Unterkunft für duale Ausbildungen eher nicht in Frage kommt. Es sei denn, man findet eine anderweitige Lösung.
Da das Wohnheim durch die Stadt Cottbus finanziert wird, liegen die Gebühren im Monat zwischen 100 bis 150€. Dabei gibt es keine Mindestmietzeit. Die endet meist dann, wenn du deine Schul- oder Ausbildungszeit abgeschlossen hast.
Wo? Thomas-Müntzer-Str. 7/8, 03042 Cottbus
Lage: gegenüber Blechen Grundschule, direkt am Warmbad Sandow, Einkaufszentrum in der Nähe, gute ÖPNV-Anbindung zur Schule
Anmeldung: Antrag auf Website der Stadt Cottbus https://www.cottbus.de/stadtverwaltung/gb_iii/schulen/wohnheim/service.html oder Kontakt: vor Ort, telefonisch: 0355 24 771, E-Mail-Adresse: staedtisches.wohnheim@cottbus.de
Öffnungszeiten: Sonntag ab 19 Uhr, Freitag bis 17 Uhr
Betreuung rund um die Uhr
Im Wohnheim arbeiten fünf Mitarbeiter. Vier Erzieher begleiten die Schüler über den ganzen Tag.
„Die Kids verbringen mehr Zeit hier als mit den Eltern. Man ist eigentlich immer der Elternersatz. Nachts über Liebeskummer reden, dabei Tee trinken oder die Wärmflasche bringen bei Bauchschmerzen“, sagt Herr Wagner.
Kino, Bowling, Pizza – Wie sieht die Freizeitgestaltung im Wohnheim aus?
Wagners Kollegin zählt auf: „Das ist ganz unterschiedlich. Man schaut natürlich, was haben die Jugendlichen für Interessen und wie ist das Wetter. Das kann z.B. Bowling oder Kino sein oder man bestellt sich abends zusammen eine Pizza und guckt einen Film an. Oder die Jugendlichen schlagen etwas vor, auf das sie Lust haben. Außerdem gibt es ein Schrank voller Spiele zum Ausleihen, eine Tischtennisplatte und einen Volleyball. Freunde können die Kids natürlich auch empfangen.
Wie funktioniert die Finanzierung der Freizeitangebote?
Sie ergänzt: „Die Schüler bezahlen die Aktivitäten meist selbst. Es gibt aber auch ein Wohnheimskonto, auf das die Eltern freiwillig einmal im Jahr etwas einzahlen und an dem sich das Wohnheim bedienen kann. So kann Schülern, die nicht so gut finanziell aufgestellt sind, ermöglicht werden, an den Freizeitaktivitäten teilzunehmen.“
Und es läuft viel über Wetten. „Also man bezahlt öfter mal eine Pizza, weil man ab und zu schon mal verliert“, sagt Herr Wagner und lacht. „Aber die Wetten haben immer einen pädagogischen Hintergrund, so hat man eigentlich immer gewonnen.“ Die Atmosphäre im Wohnheim ist sehr entspannt und familienähnlich, aber auch abhängig vom Schulpensum. „In den Klausurphasen, da sieht man sie dann kaum und hofft, dass alle noch leben“, erzählt Wagners Kollegin.
Gibt es auch Streitigkeiten im Wohnheim?
„Der Klassiker ist natürlich ,,Mach deine Bude sauber‘“, so Herr Wagner. „Da sind die Erzieher oft den Eltern sehr nah.“ Aber richtige Konflikte gebe es eigentlich nicht. Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten stehen ab und zu natürlich auf der Tagesordnung. „Wichtig ist es hier, den Jugendlichen zu signalisieren, wann sie eine Grenze überschreiten“, ergänzt seine Kollegin.
Vorstellung Kids
Luisa, 15, Lübben, 6. Jahr im Wohnheim, Bahnhof, 9. Klasse
Erwin, 16, Falkenhain vor Golßen, 6 ½ Jahre Wohnheim, Kirche & Schloss, 11. Klasse
Adrian,16, Ortrand mit Autobahnabfahrt, 6. Jahr im Wohnheim, 10.Klasse
Emma, 15, Guben, 3. Jahr im Wohnheim, 2 Kirchen, 9.Klasse
Story of my life – Der Einzug ins Wohnheim
Die Jugendlichen sind schon seit längerer Zeit Bewohner des Wohnheimes. Aber wie kam es dazu?
Luises Vater war früher ebenfalls auf dem Max-Steenback-Gymnasium und im Wohnheim. So lag es für sie nahe auch in das Wohnheim zu ziehen. - „Ich konnte mich nicht so schnell eingewöhnen. Ich war das einzige Mädchen aus der Altersklasse. Ich hatte viel Heimweh, aber wo man jetzt auch groß ist, ist das schon ok.“
Erwin ist durch einen Bekannten aus seinem Dorf auf die Schule und auf das Wohnheim gestoßen. Er konnte sich ebenfalls schnell an das Leben im Wohnheim gewöhnen wie Adrian.
Emma hat die Schule durch eine Anzeige in der Zeitung entdeckt und ist mit ihren Eltern zum Tag der offenen Tür gefahren, um sich die Schule anzusehen.
Tagesabläufe
Die Tagesabläufe der Jugendlichen sind ähnlich, aber zugleich unterschiedlich. Sie gehen jeden Tag zur Schule, haben danach vielleicht noch AG’s, gehen zum Sport bzw. zum Training, zocken am Computer oder verbringen Zeit mit ihren Freunden. Also ganz typische Alltagsaktivitäten von Teenies. Fast wie zu Hause.
Am Donnerstag, erzählt Erwin, ist immer Zimmerabnahme. Das heißt, dort müssen die Teenies ihre Zimmer aufräumen, da am Freitag Abreisetag ist. Aber die Zimmer sind natürlich immer aufgeräumt. Naja, obwohl das Motto beim Aufräumen lautet #allemüssenwenigerwollen. Emma ergänzt: „Aber immerhin sind die Mülltonnen nah dran.“
Außerdem ist es im Wohnheim so geregelt, dass jede Altersstufe unterschiedliche Bettgehzeiten hat. Eine halbe Stunde vor den Bettgehzeiten müssen sie im Internat sein. Außer sie haben das 18. Lebensjahr vollendet. Dann können sie kommen und gehen wann sie wollen. Abendessen gibt es von 18 bis 19 Uhr.
Positive Vibes des Wohnheimes:
Luisa: „Was ich sehr am Wohnheim mag, ist, dass man zusammen am Abendtisch sitzt und über jegliches quatscht. Und die Fernsehabende Donnerstag #natürlichnurbildungsfernseh hust hust #germanynexttopmodel, wo man einfach viel in Gesellschaft ist. Außerdem wird man super selbstständig durch das Wohnheim und lernt für sich zu leben, aber man ist trotzdem in Gesellschaft.“
Adrian: „Ich finde es sehr cool, dass die Erzieher nicht so Erzieher erziehend sind.“ Alle lachen. „Nein, nein, falsch, falsch, falsch. Sie sind erziehend, aber lassen einem Freiheiten. Man kann Sachen selbst entscheiden und sind dann nicht so ,,Mutti“. Wenn man sich danebenbenimmt, wird das einem gesagt und dann gibt es auch Konsequenzen.“
Emma: „Und das Gute ist, dadurch, dass man hier viele Leute kennt, die auf die gleiche Schule gehen, kennt man schon in der Schule direkt andere.“
Negative Vibes am Wohnheim
Adrian: „Manchmal ist es anstrengend, dass man mit anderen zusammenwohnt. Ich habe zwei Mitbewohner. Wenn man gerade kein Bock auf irgendjemanden hat oder auf Kommunikation, dann ist es etwas belastend. Wenn alle in einer Wohneinheit da sind, dann gibt es eben keinen richtigen Rückzugsort bzw. Privatsphäre. In Ruhe lernen ist mit Mitbewohnern auch manchmal schwierig. Aber man nimmt schon Rücksicht aufeinander. Und wenn es wirklich nicht geht, kann man sich auch in den Essensraum oder in den Fernsehraum setzen.
Allerdings ist das nicht bei allen so, Luisa und Emma sind zum Beispiel in einer Wohneinheit, aber haben einzelne Zimmer. So hat jeder seine Privatsphäre und Emma betont, dass es sehr gut sei, weil, wenn es einen von ihnen nicht gut geht, ist die andere gleich nebenan.
Die drei schönsten Erinnerungen:
Adrian: „Ich habe einen Riesen-Teddy gefunden.
Herr Wagner: ,,Das kannst du doch da nicht mitreinnehmen.“ Herr Wagner lacht.
Adrian: „Doch, ich habe den gefunden, gesäubert und seitdem sehr lieb gewonnen. Und jetzt ist er Teil unserer WG.“
Wo er ihn genau gefunden hat, verraten wir lieber nicht. Aber wir können sagen, dass der Teddy nicht nur riesig ist, sondern auch mit riesig viel Desinfektionsmittel gebadet wurde.
Luisa: „Als wir noch zu viert in einer Wohnung gewohnt haben, musste eine Mitbewohnerin aus gesundheitlichen Gründen zur Kur fahren. Und dann haben wir, eine kleine Abschiedsfeier gemacht und die Matratzen auf den Boden gelegt, Lichterketten angemacht, den ganzen Abend gequatscht und ihr Geschenke gegeben, damit sie uns nicht zu sehr vermisst.“
Tischtennisspielen im Sommer, Kartenspiele, abends am Feuer sitzen, zusammen Zähne putzen, Abende, wo man z.B. Herr der Ringe oder der Hobbit schaut. Es wird zwar ab und zu gespoilert, aber das wird versucht auszublenden. Das alles sind auch sehr schöne Erinnerungen des Wohnheimes.
Heimweh? - Fehlanzeige
Wir haben uns die Frage gestellt, ob denn jemand Sehnsucht nach seinem zu Hause hat, aber die Einzige, die ab und zu Heimweh hat ist Luise. Naja, als Teenie ist man wahrscheinlich froh seine Eltern nur am Wochenende zu sehen. Auch sie ist die einzige, die ihr Kuscheltier „Schafi“ immer mitbringt. Top-Secret: Es ist ein Schaf.
Alles in einem, war es eine sehr schöne und lustige Erfahrung die Schüler des Wohnheimes kennenzulernen. Alle gaben das GO, dass sie das Wohnheim auf jeden Fall weiterempfehlen können. Auch wir hatten das Gefühl, dass die Kids sich neben ab und an störender Mitbewohner und fehlender Privatsphäre, super wohlfühlen und alle zu einer kleinen Familie zusammengewachsen sind, die immer offen für neue Menschen sind.
Kommt das Wohnheim für dich auch in Frage? Dann melde dich einfach an und kontaktiere das Städtische Wohnheim! Hier wirst du mit offenen Armen empfangen.
Unten Rand Info: Leg diesen Artikel beim Städtischen Wohnheim vor und du kannst eine Woche kostenlos auf Probe übernachten!
Inhaltsverzeichnis
- Ein kleiner Einblick zum Aufbau des Wohnheimes
- Betreuung rund um die Uhr
- Kino, Bowling, Pizza – Wie sieht die Freizeitgestaltung im Wohnheim aus?
- Wie funktioniert die Finanzierung der Freizeitangebote?
- Gibt es auch Streitigkeiten im Wohnheim?
- Story of my life – Der Einzug ins Wohnheim
- Tagesabläufe
- Positive Vibes des Wohnheimes:
- Negative Vibes am Wohnheim
- Die drei schönsten Erinnerungen:
- Heimweh? - Fehlanzeige