Wer nichts wird, wird Wirt(schaftler/-in) – Warum ist das BWL-Studium so beliebt?

Betriebswirtschaftslehre ist mit Abstand das beliebteste Studienfach in Deutschland, und das seit einigen Jahren. Doch warum eigentlich? Und für wen eignet sich ein BWL-Studium denn nun wirklich? PLANBAR hat nachgefragt!
Junge Frau sucht Buch in der Bibliothek

Da Mathe und Statistik einen Großteil des Studienfaches ausmachen, beginnen wir doch gleich mit ein paar Fakten: Betriebswirtschaftslehre (abgekürzt BWL) ist mit Abstand das beliebteste Studienfach in ganz Deutschland. 

Allein in den Semestern 2016/17 studierten insgesamt über 238.000 Menschen BWL an deutschen Hochschulen (das sind ca. 11,8% aller Studenten in unserem Land). Da ist es auch kein Wunder, dass die Hörsäle immer gut gefüllt sind. Doch warum entscheiden sich so viele Abiturienten für den Studiengang BWL? Das PLANBAR-Team hat nachgefragt, und zwar bei denen, die es am besten wissen müssten: BWL-Studenten.


Patricia (20) hat erst im letzten Oktober mit ihrem BWL-Studium begonnen und gerade ihr erstes Semester beendet. Franz (20) startet nun in sein viertes Semester. Oliver (21) macht gerade seinen Bachelor und Marina (26) ihren Master. Sie alle studieren an der BTU Cottbus/Senftenberg Betriebswirtschaftslehre und haben uns fünf Fragen beantwortet, die jeden, der darüber nachdenkt ebenfalls BWL zu studieren, interessieren sollten.

Warum hast du dich für den Studiengang BWL entschieden?

Patricia: Ich bin mit dem Ziel, später im Bereich Marketing zu arbeiten, in das Studium gestartet. Da ich den Wunsch habe, mein eigenes Unternehmen zu gründen, ist für mich das BWL-Studium eine gute Grundlage.
Franz: Da ich selbst aus Cottbus komme, bringt die BTU viele praktische Vorteile mit sich, z.B. dass ich noch bei meinen Eltern wohnen kann. Außerdem erhoffe ich mir, mit BWL viele berufliche Möglichkeiten nach dem Studium zu haben.
Oliver: Ich hatte schon immer Interesse am Marktgeschehen, Handel und Investitionen. Des Weiteren hat mich die optimale Verwendung von Ressourcen bereits in meiner Kindheit (z.B. in Videospielen) fasziniert. Und ich war schon immer gut in Mathe.
Marina: Durch das BWL-Studium erhalte ich einen Einblick in verschiedene Branchen und Tätigkeitsbereiche und kann auch in späteren Jahren nochmal neue Bereiche ausprobieren. Ich persönlich finde das sehr praktisch, diese Flexibilität zu haben, sich evtl. vom Fachbereich nochmal lösen zu können und Neues zu erfahren. So hat man einfach viel mehr Möglichkeiten als in manch anderen Bereichen.

Ist das Studium so, wie du es dir vorgestellt hast? Was ist anders/besser/schlechter?

Patricia: Das Studium entspricht zum größten Teil meinen Erwartungen. Besser als erwartet sind auf jeden Fall das Campusleben und die (Freizeit-)Möglichkeiten, die einem durch die BTU geboten werden. Ich wusste und wurde gewarnt, dass BWL ein trockenes Fach ist und das hat sich bestätigt.
Franz: Das Studium ist sehr schulisch, dadurch fällt es vor allem am Anfang schwer, sich einen Bezug zum Beruf vorzustellen. Praktika kommen auch erst in den späteren Semestern, deshalb bietet es sich an, sich noch einen Nebenjob zu suchen, da man als Vollzeit-Student bekanntlich nicht viel verdient. Das kann, wie ich lernen musste, allerdings auch sehr stressig sein. Studium, Arbeit und Freizeit unter einen Hut zu bekommen ist oft nicht leicht.
Oliver: Das BWL-Studium ist sehr mathelastig, vor allem Statistik und Stochastik, und der Stoff ist in manchen Modulen mitunter sehr trocken. Leider dauerte es einige Zeit, bis die Sachen behandelt wurden, die mich wirklich interessierten. Was das Campus- und Uni-Leben angeht, gibt es bei BWL meinen Erfahrungen nach weniger Zusammenhalt und Miteinander als in anderen Studiengängen (z.B. Architektur oder Stadt- und Regionalplanung). Man kann in einem BWL-Studiengang durchaus auch neue Bekanntschaften machen, aber man muss viel aktiver auf Leute zugehen.
Marina: Das Grundstudium im Bachelor ist sehr auf Frontalunterricht ausgerichtet. Das hat mir persönlich weniger Spaß gemacht, ist allerdings dem großen Kurs, der nun mal in BWL zustande kommt, geschuldet. Im Hauptstudium wird die Studiengruppengröße dann kleiner, da sich dann alle auf unterschiedliche Schwerpunkte konzentrieren. Dabei gibt es viele Projekte, Präsentationen und Seminararbeiten im Team und auch alleine. Das hat mir super viel Spaß gemacht, vor allem die Zusammenarbeit mit Kommilitonen und deren verschiedenen Denk- und Betrachtungsweisen für ein Thema. Ähnlich wie im Hauptstudium verhält es sich auch im Master. Dabei wird es zwar prinzipiell zeitintensiver durch die Koordination und Organisation in Teams, da auch die Projekte anspruchsvoller sind, jedoch ist der Prozess zu einer Modulnote viel spannender, als das stupide Lernen für eine Klausur.

Im Laufe des Studiums musst du dich für einen bestimmten Schwerpunkt entscheiden. Für welchen hast bzw. wirst du dich entscheiden und warum?

Patricia: Zur Auswahl stehen bei mir „Innovation & Marketing“; „Unternehmensentwicklung & Marktstrukturen“; „Finanzierung, Finanzmärkte & Unternehmensrechnung“; „Produktion & Logistik“ und „Informationstechnologie & Data Management“. Ich werde höchstwahrscheinlich „Innovation & Marketing“ wählen, da mein Interesse bereits vor dem Studium im Marketing lag.
Franz: In meinem Studienjahrgang gab es noch andere Spezifizierungen als heute. Ich habe mich zwischen „Allgemein Management“; „Marketing“; „Erneuerbares Energiemanagement“ und „Erweitertes Finanzwesen“ für das erste entschieden. Die Fächer sind abhängig von der Studienrichtung und die „Allgemein Management“-Fächer haben mich einfach am meisten angesprochen. Dabei beschäftige ich mich bspw. gerade damit, wie ich am besten eine Gruppe von Menschen anführe und wie Arbeitsplätze/-zeiten verbessert werden können. Also praktisch: Wie mache ich als Führungsperson meine Mitarbeiter glücklich und motiviere sie am besten, damit sie so effizient wie möglich arbeiten?
Oliver: Ich habe als Schwerpunkt „Allgemeines Management“ gewählt, mit Vertiefungen in „Qualitätsmanagement“ sowie „Investition & Finanzierung“. „Investition & Finanzierung“ entsprach ja meiner ursprünglichen Motivation, BWL zu studieren. Die Module des Lehrstuhls „Qualitätsmanagement“ habe ich auf Empfehlung eines Bekannten hin ausprobiert und nicht bereut. Jedes der von dem Lehrstuhl angebotenen Module bietet einem sehr praxisbezogene Arbeiten. So führte ich z.B. zusammen mit zwei weiteren Studenten ein Verbesserungsprojekt in enger Kooperation mit der Trevira GmbH in Guben in der Texturierungsabteilung durch. Weiterhin sind die Module so aufeinander aufgebaut, dass man bestimmte Zusatzqualifikationen erwerben kann, wenn man die Projekte und Prüfungen erfolgreich abschließt.
Marina: Im Bachelor habe ich meinen Hauptschwerpunkt auf "Personal und Organisation" gelegt, einen zweiten kleineren Teil auf "Gesundheitsmanagement". Im Master habe ich nun die Schwerpunkte auf "Organisation, Personalmanagement/Unternehmensführung" und "Planung/Innovationsmanagement" gewählt. Personal, Organisation usw. spiegelt mein Hauptinteresse wider. In diesem Bereich konnte ich bereits zwei Praktika absolvieren. Zwischen Bachelor und Master hatte ich zusätzlich die Möglichkeit, ein Jahr im Bereich Personalbetreuung/-entwicklung zu arbeiten.  Das hat mir viel Spaß gemacht und in diesem Bereich sehe ich aktuell meine berufliche Zukunft. Den Schwerpunkt "Gesundheitsmanagement" hatte ich gewählt, weil die Gesundheitsbranche nochmal ihre ganz eigenen Anforderungen und Herausforderungen hat und ich das sehr spannend fand, diese Branche, die einen großen Dienstleistungsaspekt inne hat, aus einer betriebswirtschaftlichen Sicht kennenzulernen.

Wie geht es für dich nach dem Studium weiter?

Patricia: Mit einem BWL-Studium steht einem ein breites Tätigkeitsfeld offen, was Vor- und Nachteile bietet. Man kann in den Bereichen Marketing, Finanzplanung, Controlling, Personalmanagement, Technologiemanagement oder auch in der Unternehmensberatung tätig werden. Mein Ziel ist es, ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Franz: Nach dem Studium stehen mir viele Türen offen, allerdings habe ich bisher in keiner so wirklich einen Fuß drin. Man kann den Weg des Notars gehen, Steuer- oder Anlagenberater werden, was umfangreich im Studium behandelt wird, oder im Idealfall ein eigenes Unternehmen gründen.
Oliver: Das kommt ganz auf die individuelle Berufspräferenz an. Für mich persönlich sind Beratertätigkeiten und Start-Ups besonders reizvoll. Aber ich könnte natürlich auch als Banker, Projektmanager, Buchhalter o.ä. arbeiten.
Marina: Ich möchte im Personalbereich tätig werden, besonders gerne im Bereich Personalentwicklung, -marketing oder -betreuung.

Noch irgendeinen Ratschlag an zukünftige BWL Studenten?

Patricia: Da BWL so ein trockenes Fach ist, bietet sich ein Nebenjob an. Es ist nicht nur gut für das Portemonnaie, sondern auch um in Unternehmen ein paar Erfahrungen zu sammeln und gelernten Stoff zu verknüpfen. So lernt man schneller und besser und hat einen Praxisbezug.
Franz: Also zunächst einmal: Es ist mehr Mathe, als man denkt. Außerdem sollte man wirklich nicht vergessen, dass es keine Ausbildung, sondern ein Studium ist. Man lernt zwar theoretisch sehr viele wichtige Inhalte, doch praktisch sieht das alles immer noch anders aus. Zwar gibt es pro Semester immer noch ein Fach, in dem man praktische Projekte erarbeitet, allerdings ist der Theorieanteil einfach größer. Die Projekte sind auch wirklich faszinierend und können echt Spaß machen, doch man sollte es keineswegs unterschätzen. Das Studium ist anstrengender als viele glauben.
Oliver: Es gibt ja dieses Vorurteil, dass BWL nur Leute studieren, die sonst nicht wissen, was sie machen sollen. Und meiner Ansicht nach ist da auch einiges dran. Nach dem 2. Semester hat sich die Teilnehmerzahl in den Pflichtmodulen bereits drastisch reduziert, weil vielen einfach bewusst wurde, dass es doch nicht so war, wie sie es sich vorgestellt haben. Mein Rat an zukünftige BWL-Studenten wäre also, diesen Studiengang nur zu wählen, wenn man Motivation und Interesse für die angebotenen Themengebiete mitbringt. Ansonsten schafft man es höchstwahrscheinlich nicht durch die sehr trockenen Killerfächer wie Volkswirtschaftslehre oder jegliches Mathe-Modul. Die Quote der durchgefallenen Studenten lag bei meiner ersten VWL-Prüfung bei über 84%! Ansonsten sollten Studenten auf jeden Fall Angebote für z.B. Uni-Sport oder Fremdsprachen wahrnehmen. Die sind wirklich breit gefächert, sodass bestimmt für jeden etwas dabei ist und man lernt neue coole Leute kennen. Auf Angebote für Austausch- oder Auslandssemester sollte man auch immer ein Auge haben.
Marina: Wählt Module (wenn möglich), die euren Interessen entsprechen und schaut nicht ausschließlich darauf, welcher Dozent die besten Noten gibt. Baut Praxiserfahrung durch Praktika und Werkstudententätigkeiten ein, um Erfahrungen in unternehmerischen Strukturen zu sammeln. Engagiert euch außerdem in studentischen Vereinen, wie z.B. studentische Unternehmensberatungen, Racing Teams und schaut auch mal über den Tellerrand.
Fazit: BWL ist nicht ohne Grund eines der beliebtesten Studienfächer. Mit einem BWL-Abschluss hat man viele berufliche Möglichkeiten, doch der Weg dahin ist mühsam und wird von vielen unterschätzt. Man sollte sich also sehr wohl bewusst sein, dass es ein äußerst trockenes Fach ist, in dem man sehr viel lernen muss.
Wer jedoch genug Motivation und Ansporn - und gute Mathekenntnisse! - mitbringt und während seines Studiums viele praktische Projekte und Praktika absolviert, dem werden beruflich viele Türen nach dem Studium offen stehen.
Tipp: Am 09. Juni 2018 ist wieder Tag der offenen Tür an der BTU. Da könnt ihr nochmal persönlich Fragen an Studenten und Professoren stellen.