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Findet der Unterricht der Zukunft zuhause statt?

Blog

Veröffentlicht am 28.01.2021

Die Corona-Epidemie zwang die Schulen in ganz Deutschland, die Klassenräume kurzerhand vom Schulgebäude in die heimischen Wohnzimmer zu verfrachten. Aber was haben wir daraus gelernt, außer dass die Schulen technisch nicht genug darauf vorbereitet waren? Findet der Unterricht der Zukunft zuhause statt?

Mehr als nur ein Raum zum Lernen

Klar, gerade für jüngere Menschen ist der Schulweg mehr als nur der Gang zu einer Lerninstitution. Hier treffen sie Freunde, hier wird für sie Essen zubereitet und auf sie aufgepasst, während die Eltern sorgenlos  zur Arbeit fahren können. Anders sieht es dagegen bei den Ober-, Qualifikations- und Kollegstufen des Landes aus. Hier lässt die Anwesenheitsquote auch ohne Corona schon zu wünschen übrig. Die jungen Erwachsenen brauchen de facto keine Eltern mehr, um sich eigenständig zu versorgen und ihren Tagesablauf regeln zu können. Viele Jugendliche fahren sogar schon mit dem Auto zur Schule und tragen damit zum Verkehrschaos am Morgen bei, genauso wie die Lehrer, die verzweifelt versuchen, trotz Stau noch pünktlich die erste Stunde einzuläuten.

Ein gutes Konzept für die Zukunft?

Der Unterricht von zuhause könnte bewirken, dass diese Aspekte in Zukunft der Vergangenheit angehören. Er müsste auch nicht verpflichtend sein, wenn manche Kinder doch lieber in der Schule arbeiten. Er müsste zudem auch nicht immer stattfinden, schließlich erfordern manche Veranstaltungen dann doch persönliche Anwesenheit. Warum nicht also aus der Corona-Krise lernen, die Infrastruktur für den Online-Unterricht auf den neuesten Stand bringen und auch nach der Corona-Krise beibehalten?

Nur, weil der Home-Office-Unterricht dann eben doch ein paar kleine Haken hat. Da ist zum einen etwa die Sache mit den gleichen Voraussetzungen. Zwar konnte während der Pandemie zumindest teilweise der reguläre Unterricht aufrechterhalten werden, doch die Schüler hatten im Gegensatz zum Präsenzunterricht ganz unterschiedliche Bedingungen. Der eine bekam zuhause jeden Tag Unterstützung von seinen Eltern, die andere musste sich die Lerninhalte zum Großteil selbst beibringen. Die eine hatte einen eigenen Arbeitslaptop mit guter Internetverbindung zur Verfügung, der andere musste darauf hoffen, dass kein Elternteil den Familien-Laptop für das eigene Home-Office brauchte und das Netz ausnahmsweise mal keinen Aussetzer hatte. Diese Unterschiede trennen die Klasse und können auch keinen objektiven Einblick auf die Leistung der Schüler geben.

Photo by Jeswin Thomas on Unsplash

Auch im Präsenzunterricht sind die Voraussetzungen – leider – bei weitem nicht immer die Gleichen. Doch im Klassenzimmer hat der Lehrer alle seine Schüler im Blick. Kinder, die abwesend wirken und mit anderen Problemen zu kämpfen haben, können im besten Fall erkannt und besonders gefördert werden. Denn Schule ist nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch Pädagogik – auch und besonders bei älteren Jugendlichen. Hinter dem Bildschirm ist letzteres nicht mehr so leicht möglich. Hier können persönliche Probleme locker versteckt werden, hier kann man schnell untertauchen. Unterricht von zuhause, das bedeutet am Ende wohl auch, dass mehr Schüler auf der Strecke bleiben.

Aber nicht falsch verstehen: Digitalisierung ist eine tolle Sache. Die Notwendigkeit, Schüler zuhause unterrichten zu müssen, schaffte vielerorts auch Bewusstsein für die Notwendigkeit, den Unterricht auch digitaler zu gestalten. Gut so! Schließlich waren die Schulen dort vorher auch extrem schlecht ausgestattet: Noch immer haben nicht alle vernünftiges Internet im Gebäude, um eine landesweite schuleigene Cloud wurde sich erst nach Ausbruch der Epidemie gekümmert und selbst eigene E-Mail-Adressen für Lehrkräfte wurden in Brandenburg erst kurz vor Beginn der Ausgangsbeschränkungen möglich gemacht. Herzlich willkommen im 21. Jahrhundert!

Doch Digitalisierung bedeutet auch mehr, als den Schülern und Schülerinnen ein Tablet und ein Smartboard ins Klassenzimmer zu stellen. Sie muss auch da vermehrt stattfinden, wo die Corona-Krise vielleicht weniger Innovationsdruck ausgeübt hat – im Lehrplan. Denn die zunehmende Popularität von Verschwörungstheorien in der Mainstream-Gesellschaft und die Unfähigkeit vieler, legitime Quellen im Internet herauszufiltern, zeigen die Wichtigkeit medialer Bildung.

Entwicklung ist nicht zu stoppen

Die junge Generation ist mit dem Internet aufgewachsen. Als das erste Smartphone 2007 vorgestellt wurde, waren die heutigen Abiturienten und Abiturientinnen gerade in der Grundschule, das 2005 gegründete Facebook ist mittlerweile schon fast ein Relikt aus vergangenen Zeiten. An dieser schnellen Entwicklung müssen sich auch die Schulen im Land orientieren. Wo es früher sinnvoll war, dazu zu raten, im Internet auf private Profile zu verzichten, wirkt dies in der heutigen Social-Media-Welt nur aus der Zeit gefallen. Welche persönlichen Informationen kann ich auf meinem Instagram-Profil preisgeben? Was können andere Nutzer und das Unternehmen über mich in Erfahrung bringen, wenn ich ein Tik-Tok-Video poste? Das sind Fragen, mit denen sich die Schulen neben den klassischen Deutsch- und Matheaufgaben auch beschäftigen müssen. Und das auch gerne wieder im guten, alten Klassenzimmer.

 

Julian Münz

 

Photo by Annie Spratt on Unsplash