Schreibwettbewerb: Extremwandern- Der Weg ist das Ziel
Afterwork
Extremwandern- Der Weg ist das Ziel
-Autorin: Vanessa Boecking-
"Das Wandern ist des Müllers Lust". Wer kennt dieses Lied nicht? Bestimmt hat jeder von euch Leser/innen dieses Lied in der Kindheit, Jugend, oder als Erwachsener schon einmal gehört. Doch warum sollte nur der Müller diese Lust verspüren? Das Wandern kann für jeden ein Erlebnis werden.. auch für Hund, Katz und Maus.. Nun. Für die Maus nicht gerade. Sie bräuchte für manch Strecke doch etwas lang. Kleiner Scherz am Rande. Schon sind wir beim Thema dieses Berichtes.
Das Langstreckenwandern.
In diesem Bereich tummeln sich einige Wanderverrückte wie ich. Ehrlich gesagt, hätte ich früher nicht damit gerechnet, dass ich jemals auf die Idee kommen würde je 100 Kilometer am Stück zu wandern. Das bedeutet eine Nacht hindurch wandern. Könnt ihr euch das Vorstellen Liebe Leser und Leserinnen? Statt zu schlafen, sportlich aktiv zu sein? Vielleicht können es die Sportler unter euch nachzuvollziehen was jemanden dazu treibt so etwas Verrücktes zu tun. Mal ehrlich. Es ist schon ein wenig verrückt solche Distanzen zu überwinden. Und doch möchte ich aufmuntern, dass diese Distanzen möglich sind. Nur wäre es schade, wenn das Vorhaben in Stress ausartet. Solange man irgendwo noch etwas wie Spaß verspürt, so bleibt man auch gerne am Ball. Vielleicht fragt sich der ein, oder die andere wie man dazu kommt solche Distanzen wandern zu wollen.
Bei mir fing alles ohne wirkliches Vorhaben mehr als Marathon je erreichen zu wollen an.
Im Gegenteil. Anfangs walkte ich für mich alleine auf meiner Hobbystrecke im Feld. Zehn Kilometer waren das Maximum. Irgendwann lernte ich eine Kameradin in der Ausbildung kennen, die an dem bei uns bekannten "Rur Eifel Cup" teilnahm.
Wir tauschten uns aus. Sie lief. Das kam erstmal gar nicht für mich in Frage. "Komm doch einfach mal mit. Bei deiner Zeit hättest du gute Chancen beim Walken vorne zu sein." Dieser Satz spornte mich zum Mitmachen an. Tatsächlich! Mit dem Walken sah es gar nicht mal so schlecht aus. Vom Ablauf fühlte es sich auch sehr gut an. Ich möchte nicht übertreiben, doch für mich erholsamer als Laufen. Durch Training weiteten sich die Strecken. Es war ein Prozess, der ineinander überging. Aus zehn Kilometer wurde ein Halbmarathon.
Aus den 30 Kilometerstrecken - Ein Marathon.
Gelaufen bin ich zwei im Leben. Das reichte mir erstmal. Letztlich lernte ich über "IVV Wanderungen" Wanderer kennen, die in Belgien bei einer kleinen Gruppe von Extremwanderern "Euraudax" dabei waren. Hier ging es ab 25 Kilometer aufwärts bis zu 200 Kilometern in die Länge. Zu Bestzeiten war ich in der Ausbildung einmal im Monat mit maximal 50 Kilometern unterwegs. Es ging z.B. nach Lüttich in Belgien.
Lüttich verzaubert mit Charme. Vielleicht sind dem ein, oder der anderen Speisen wie die famosen Lütticher Buletten mit Lapin Sauce bekannt. Hausgemachte Fritten sorgen auch für einen Gaumenschmaus. Am 15 August gibt es jährlich das Lütticher Volksfest mit farbenprächtigen Umzügen.
Auf dem Place du Marché vereinigen sich Tradition und Charme. Woran erkennbar? Hier gibt es eine große Steinsäule (perron). Sie zählt als Symbol der Freiheit der Stadt. Ringsherum befinden sich malerische kleine Straßen und Gassen.
Die Cathédrale Saint Paul zählt zu den beeindruckendsten Gebäuden. Sehr empfehlenswert. Die grünen Hänge der Zitadelle, auch einen Besuch wehrt. Die 50 Kilometerwanderung, die wir hier absolvierten weckte mein Interesse erneut herzukommen. Und wenn nur für ein kurzes Wochenende. Ich erinnere mich auch an andere tolle Wandererlebnisse, sei es in Belgien, den Niederlanden, oder in Deutschland gewesen.
Der "Monschau Marathon"...
... zählt zu meinen Lieblingsfavoriten in Deutschland. Ich war einige Male dabei. Der Startschuss für Walker, Läufer, Ultraläufer fällt jedes Jahr in Konzen. Diese Laufveranstaltung wurde übrigens zu den beliebtesten in ganz Nordrhein Westfalen gewählt. Was macht diese Strecke so besonders?
Für mich persönlich die Atmosphäre. Bereits beim ersten Mal traf ich unterwegs beim Walken ganz viele bekannte Gesichter des Rur Eifel Cups. Hier und da grüßte man sich. Es war einfach ein persönlich tolles Highlight für mich. Die 42 Kilometer des Marathons führen an schönen malerischen Stellen der Eifel vorbei. Insgesamt legt man 760 Höhenmeter zurück. Wie das geht? Augen zu und durch. Am besten einfach nicht darüber nachdenken und die Füße laufen, oder wandern lassen.
Der Weg ist das Ziel.
Stellenweise bietet dieser Marathon eine traumhafte Aussicht über die Eifellandschaft. Unterwegs gibt es genügend Verpflegungsstellen. Man muss eigentlich kaum etwas eigenes mitschleppen. Denn eines ist gewiss. Je weniger man mit sich rumträgt, desto leichter ist man unterwegs. Ein besonderes Erlebnis ist für mich in den Sonnenaufgang hineinzuwandern. Gerne wieder. Versteht dies bitte nicht als Werbung für Veranstalter.
Ich möchte lediglich meine persönlichen Highlights mit euch teilen und das Wandern, oder insgesamt in der Natur unterwegs sein ein wenig näher bringen. Nun. Wir sind bereits bei Marathonveranstaltungen und 50 Kilometerwanderungen angekommen. Warum sollten da nicht auch mehr Kilometer machbar sein? Genau das ist es, was irgendwann dazu führt, dass aus den anfänglichen 10 Kilometern 100 Kilometer machten. Demnächst... im August um genau zu sein sogar 900 Kilometer in 20 Tagen. Jippy.
Ich habe bereits jetzt schon Hummeln im Hintern.
Aber erstmal zurück zu dem was bereits hinter mir liegt. Von den 50 Kilometerwanderungen ging es zu meiner ersten 70 Kilometer Wanderung. Der Nacht von Gulpen in den Niederlanden. Dies ist ein nächtlicher Wanderklassiker, der seit 1977 in den Niederlanden existiert. Unterhielt ich mich, so war die Nacht von Gulpen tatsächlich bei vielen bekannt. Diese Wanderung geht durch das schöne Limburger Heuvelland. Gulpen liegt zwischen Maastricht und Aachen. Das Schritttempo liegt bei 5,5 km/h. Gemütlich. Die letzten 10 Kilometer kann man selber bestimmen. Da geht bei manchen richtig die Post ab. 2019 waren wir zu 603 Teilnehmern bei den 70 Kilometern dabei. Zum Start war der Dorfplatz rammelvoll mit Wanderern und Zuschauern. Zum Auftakt sang man die Limburger Nationalhymne.
Einige tanzten dazu. Einmalig! Kaum fiel der Startschuss setzte sich die riesige Masse von Wanderern in einer schier endlos langen Schlange fort. Ein Feuerspucker mitten auf dem Feld! Fahrbare Musikboxen für gute Stimmung! Diskobleuchtung mitten im Wald! Auf dem letzten Stück gab es kleine Spirituosen. So ließ sich auch der Berg vor dem Ziel im Dorf ertragen. Finischerpräsente abgeholt und noch ein wenig mit den Dorfbewohnern nachgefeiert. Für mich stand fest. Es wäre nicht die letzte Nacht von Gulpen.
Eine andere bemerkenswerte Veranstaltung in den Niederlanden ist der Kennedy Marsch.
Oder die Kennedy Märsche. Es gibt verschiedene. Für mich war der Marsch in Sittard gut erreichbar. Der Kennedy Marsch Sittard ist wohl auch der älteste der Kennedy Märsche. John F Kennedy verfolgte als Ziel die Gesundheit zu verbessern und sprach in seinen Reden häufig körperliche Fitness an. Die Idee eines 50 Meilen 20 Stunden Marsches entstand zu dieser Zeit. Sieben Jungen und drei Mädchen gingen in den Niederlanden als erstes Vorbild die 80 Kilometer in 20 Stunden. Die Wettkampfklasse startet heutzutage innerhalb von 12 Stunden. Kaum vorzustellen, aber eine wirklich tolle Leistung was manche schaffen. Ich selber nahm bisher nur an den 40 Kilometern teil.
Gestartet wurde in aller Früh.
Der Dorfplatz war auch hier rammelvoll. Der Bürgermeister hielt eine aufmunternde Rede, der Startschuss fiel und los ging es durch die Einkaufsstraßen von Sittard. Ich erinnere mich an eine 25 Grad Temperatur. Trotzdem gingen insgesamt laut Berichterstattungen 6220 Wanderer an den Start. Diese lange Schlange kann man sich vielleicht schon vorstellen, die dann durch Dörfer, oder an der Maas entlang zog. Bei Pausenstellen dauerte es eine Weile, bis ich Getränke bekam, oder mein Käsebrötchen. Die erste Hilfeversorgung wurde gut aufgesucht. Auch ich nutzte sie um eine kleine Blase auf den letzten 10 Kilometern bearbeiten zu lassen. Früher hatte ich damit weniger Probleme. Manchmal frage ich mich schon, ob das Schuhwerk insgesamt nachgelassen haben könnte, oder ob es daran liegt, dass ich langsam älter werde 🙂 Damals hatte ich ein Paar Schuhe, die hielten sehr lange und auch viel aus. Nach zwei Jahren musste ich mich von ihm trennen. Ein solches Paar habe ich bis heute nicht mehr gefunden. Sie werden nicht mehr hergestellt. Ein Jammer.

Mittlerweile habe ich für mich eine Methode gefunden, die vielleicht auch ungewöhnlich erscheinen mag. Ich trage ein Paar Füßlinge aus der Laufszene, und zwei Paar Wrightsocks. Seither keine Blasen. Ich hoffe es bleibt so. Das neue Kilometeriel folgte. Der Megamarsch Köln mit 100 Kilometern. Das Gruppenfeeling ist hierbei einmalig. Ich war als Teilnehmerin alleine am Start, fand jedoch meine Wanderkameraden während der Wanderung. Einfach nur toll. Vom Heiderbergsee in Brühl ging es ab entlang des Römer Wanderkanals über viele kleine Berge mit insgesamt 1500 Höhenkilometern. Ein Spaziergang war dies nicht mehr. Ich verließ hierbei meine Komfortzonen. Dafür wird man mit tollen Freundschaften, Eindrücken und Erlebnissen belohnt.
Das nächste Ziel...
...wird der German Trail 2022 sein. 900 Kilometer in 20 Tagen. Ob ich es schaffe, weiß ich noch nicht. Ich trainiere daraufhin. Vielleicht darf ich dann ja davon berichten. Wer weiß? Denn egal ob man läuft oder wandert, hauptsache man ist unterwegs und tut etwas für sich. Denn jeder der etwas tut ist auf seine Art ein Gewinner.
- Autorin: Vanessa Boecking, geb in Düren
- Veröffentlichungen:
Gedichte: "Ode an die Musik, Natur", "Meerschweinchen", "Die Hoffnung stirbt zuletzt"
Papierfresserchens Verlag: "Wünsch dich ins Wunder Weihnachtsland Band 14", "Mein Pony und ich", "Mein Freund das Islandpferd" (Sachbericht)
Literaturpodium: "Geschichten aus dem Regenwald", "Grün" (Essay), "Die Abenteuer der Drachenreiterin", "Abenteuer auf Andromeda" (Märchen)