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Prüfungsangst Adé

News rund um die Ausbildung

Veröffentlicht am 07.08.2017

Ob Klausurenphase oder Vorstellungsgespräch – überall kann sie auftreten: Prüfungsangst. Von Appetitlosigkeit bis Unsicherheit – fast jeder kennt diese Anzeichen kurz vor anspruchsvollen Prüfungen. Wolfram Thiel (Diplom-Psychologe) und Matthias Schwehm (Persönlichkeitstrainer) klären aus verschiedenen Perspektiven auf, was Prüfungsangst ist und geben Tipps.

Wie entsteht Prüfungsangst?

Wolfram Thiel: Prüfungsängste sind komplexer Natur und eng mit der Persönlichkeit, dem Selbstbild, Erfahrungen, überzogenen Zuschreibungen  und angenommenen Folgen verbunden. Menschen mit mangelnder Fähigkeit sich selbst und Situationen zu strukturieren  erleben Prüfungen als negativen Stress statt als Chance sich zu verwirklichen und zu beweisen.

Matthias Schwehm: Prüfungsangst ist unbewusst erlernt. Sie kann mit dem Prinzip der heißen Herdplatte verglichen werden.  Wenn du jemals versehentlich auf eine heiße Herdplatte gegriffen hast kennst du die übergroße Vorsicht, die ab dann ewig von dieser Platte auf dich wirkt, selbst wenn du weißt, dass sie eigentlich kalt sein müsste. So ähnlich ist es bei der Prüfungsangst.  Unbewusst befürchtest du, zu versagen, und deine ganze Psyche stellt sich auf diese Furcht-Vorstellung ein.

Was kann ich gegen ein Black-Out in Prüfungssituationen tun?

Wolfram Thiel: Bei Blockierungen und Panik in der Prüfungssituation etwas zu retten ist sehr schwierig.  Bei schriftlichen Prüfungen hilft meist nur Durchatmen und mit den leichtesten Aufgaben versuchen zu punkten um noch das rettende Ufer zu erreichen.   In mündlichen Prüfungen besteht zumindest die Chance sich durch Rückfragen und Hilfeersuchen zu verbessern.

Matthias Schwehm: Wenn keine Vorbereitungszeit mehr bleibt, kann das “Scheuklappen”-Prinzip helfen: Konzentriere dich einzig und allein auf das, was du erreichen möchtest, und blende alles andere aus. Sich zwingen, an Positives zu denken ist auch eine Möglichkeit: Negative Gedanken beamen deine Stimmung in den Keller und können zu Angstphänomenen führen. Zwinge dich beispielsweise dazu, an deine schönsten Urlaubserlebnisse zu denken oder an dein Lieblings-Haustier. Wenn der Kopf “keinen Platz” für negative Gedanken hat, reduziert das das Angsterleben.

Was kann ich selbst im Vorfeld gegen Prüfungsangst tun?

Wolfram Thiel:

  • Über Ängste und Befürchtungen mit vertrauten Personen offen reden
  • Anspruchshaltungen und Folgeannahmen auf den Prüfstand stellen und korrigieren (mögliche Katastrophen vorstellen – Auswege erkennen - Lösungen suchen)
  • Lern-Zeit- Stoffmengen- Management und Tages- Planungen: Möglichst Lernen in der Gruppe mit Feedback und Prüfungsfragen der letzten Jahre durcharbeiten.
  • Unbedingt konzentriert- ablenkungsfrei Lernen
  • Das Gelesene handschriftlich mit eigenen Worten wiederholend fixieren
  • Erholen und sich belohnen wenn das Tageslernziel erreicht ist
  • Kurse besuchen z.B. autogenes Training, progressive Muskelrelaxation oder Gedankenstop-Übungen

Matthias Schwehm: Über einige Wochen oder Monate hinweg kannst du zum Beispiel mit Entspannungs- oder Visualisierungstechniken wie dem autogenen Training dein Prüfungsstress-Level deutlich verändern. Besonders wirkungsvoll klappt das oft per Selbsthypnose. Du findest beispielsweise verschiedene Hypnose-Techniken, die du zum Einschlafen auf dein Unterbewusstsein einwirken lassen kannst,  auf YouTube.

Wo finde ich professionelle Hilfe?

Wolfram Thiel: Der Weg zum Vertrauensarzt oder Therapeuten ist unbedingt zu empfehlen, wenn die Angst panisch wird, Depressionen entstehen und die Lebensfreude durch Zweifel und Leidensdruck geprägt ist. Beratungsgespräche in den Studentenwerken sind kostenlos und auf Wunsch anonym.

Matthias Schwehm: Prüfungsangst ist ein (fehlgeleiteter) Lernprozess. Die besten Anlaufstellen sind häufig auf Angstphänomene spezialisierte Lerncoaches oder Hypnotiseure. Auch ein Kurs “Autogenes Training” an einer örtlichen Volkshochschule kann wahre Wunder bewirken.