Vom Traum zur Wirklichkeit
Reportagen
Tino Heinze, seinem Dialekt nach ein waschechter Österreicher, aber der erste Eindruck täuscht. Tino ist in Senftenberg aufgewachsen und besuchte dort das Friedrich-Engels-Gymnasium.
Sein Vater arbeite als Hausmeister bei einer Hausverwaltung und seine Mutter ist Krankenschwester. Ein ganz normaler Junge von nebenan eben, dessen frühe Berufswünsche von Feuerwehrmann über Rettungssanitäter bis hin zum Schauspieler sehr vielseitig waren.
Während sich viele Jugendliche im Laufe ihrer Schulzeit für konventionelle Berufe entscheiden, stand für Tino schon mit 10 Jahren fest:“Ich will auf die Bühne“. In diesem Alter war er bereits Mitglied der Kindermusicalgruppe der „Neuen Bühne Senftenberg“, ab der 8. Klasse folgte das Schülertheater am Gymnasium. Sein erstes Theaterstück kennt wohl fast jeder: „Romeo und Julia“ von William Shakespeare. Tinos Interesse galt jedoch nicht nur dem Auftritt auf der Bühne. Als er ein Drehbuch für eine Komödie in die Hand bekam und beim lesen nicht einmal lachen musste, bearbeitete er es kurzerhand selbst und wurde so zufällig auch zum Regisseur.
Wie Eltern nun mal so sind, waren Sie nicht begeistert davon, dass ihr Junge sich die Flausen in den Kopf gesetzt hat, Schauspieler zu werden. In der Hoffnung, dass Tino abgewiesen werden würde, schickten sie ihn zu einem Schauspiel-Workshop nach Hamburg. Zu Ihrem Bedauern war jedoch das Gegenteil der Fall. Tino wurde für „Gut“ befunden und sein Berufswunsch verhärtete sich dadurch nur noch mehr. Er entschied sich dafür, die Prüfungen für die Musicalschulen schon in der 12. Klasse abzulegen. So hätte er nach den erwarteten Absagen ein ganzes Jahr Zeit, sich auf eine Wiederholung vorzubereiten. Unverhofft kommt oft: Alle Schulen wollten ihn aufnehmen. So stand er vor der Entscheidung, Abi beenden oder Traum verwirklichen. Gar nicht so einfach für einen 18-jährigen. Tino entschied sich für eine Ausbildung zum Musical-Darsteller im Österreichischen Graz. Obwohl seine Eltern nicht begeistert davon waren, legte die ganze Familie zusammen, um ihm das Studium zu finanzieren.
Die Ausbildung beinhaltet Tanz, Schauspiel und Gesang. Auf der Musicalschule wurde Tino sehr viel abverlangt. Neben der täglich harten Arbeit im Unterricht, nahm er an zahlreichen Produktionen teil. Er spielte in „Chicago“, „Mamma Mia“ und vielen anderen großen Stücken. Es blieb nur wenig Freizeit, um Freunde in der neuen Stadt zu finden. Die meiste Zeit verbrachte er daher mit seinen Mitschülern, einer bunten Mischung an Menschen mit denen er viele lustige Geschichten erlebte. Am Ende seiner vierjährigen Ausbildung bestand er sein Diplom und war damit offiziell Musical-Darsteller.
Heute arbeitet Tino als Personal-Trainer in Wien. Nachdem er seinen Körper lange Zeit bis an die Grenzen seiner Kraft getrieben hat, will er nun Menschen helfen, Fit und Gesund zu bleiben. Seine Ausbildung an der Musical-Schule ist auch für seinen neuen Beruf hilfreich. Dort hat er gelernt mit Menschen umzugehen und kann durch seine Ausbildung im tänzerischen Bereich, seinen Kunden ein vielseitiges Sportprogramm anbieten. Seinen früheren Traum hat er trotzdem nicht ganz aus seinem Leben gestrichen. Nebenberuflich erarbeitete er die Choreografie für das Musical „Leben ohne Chris“ und kann sich vorstellen weiterhin in diesem Bereich tätig zu sein.
Jungen Menschen mit dem Wunsch, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen, empfiehlt Tino, es sich gut zu überlegen. Man sollte schon früh bei Schauspiel- oder Musical-AG´s mitmachen, um herauszufinden, ob man wirklich Spaß daran hat. Man muss wissen, dass es in dieser Branche wenige Festanstellungen gibt. Oft muss man sich als Freiberufler durchschlagen, der nicht weiß, wie er im nächsten Monat sein Geld verdienen wird. Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und eine stabile körperliche Verfassung sind Grundvoraussetzung für die Ausbildung. Seiner Meinung nach ist Musical-Darsteller kein Beruf, sondern eine Berufung, bei der man trotz harter Arbeit viel Spaß haben kann.