Kein Angst vor dem Ruf ‚Nach-Hilfe‘
Blog
Eine große Chance, wenn die Kommunikation stimmt
In welchen Fällen hilft Nachhilfe gegen schlechte Noten? Und wie sollten Eltern und Schüler Nachhilfe in Erwägung ziehen, damit sie nicht teuer und ineffektiv, sondern wirklich produktiv ist?
Nachhilfe sollte als Option für Familien nicht erst dann auf den Plan kommen, wenn überraschend schlechte Noten auf dem Zeugnis stehen. „Eltern sollten dran bleiben und mit ihrem Kind im Gespräch sein, und so mitbekommen, wenn es in einem Fach Schwierigkeiten oder Nachholbedarf hat“, sagt Martina Bertl, Nachhilfelehrerin aus
Cottbus. Sie hat vor zwölf Jahren „Lernimpulse Cottbus“ gegründet, eine Einrichtung für Nachhilfe und Sprachkurse. Zuvor hatte die ausgebildete Lehrerin schon seit 1994 für andere Anbieter Nachhilfeunterricht gegeben. In ihrer eigenen Institution bieten inzwischen sieben bis zehn Lehrkräfte, die alle auch Erfahrung im Schuldienst haben, in Einzelstunden Nachhilfe an.

Damit Kinder von Nachhilfe-Unterricht profitieren, sei es wichtig, dass sie selbst dazu motiviert sind – und nicht dazu gedrängt werden, Nachhilfe zu nehmen. Um sicher sein zu können, dass das Umfeld in der Nachhilfe passt, bietet Bertl ihren Schülern eine kostenlose Probestunde an.
Dass es für produktive Nachhilfe Voraussetzungen gibt, die nicht immer erfüllt sind, betätigt sich auch aus der Perspektive von Lehrkräften in Schulen. Martina Bobusch, Oberstufenkoordinatorin und Deutsch-Lehrerin am Pückler-Gymnasium in Cottbus, betont, dass gute Kommunikation wichtig ist, damit Schüler von Nachhilfe profitieren. „Ohne eine gute Absprache zwischen den Schülern, Fachlehrern und der Nachhilfe führt das oft nicht zum gewünschten Effekt“, sagt Bobusch.
Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist wichtig
Dass Schüler oder Eltern den Kontakt zu den Lehrenden in den Fächern suchen, in denen es Probleme gibt, sei wichtig, um deren Ursache zu klären. „Wenn es um fehlende Grundkenntnisse geht, die nachgeholt werden können, dann kann Nachhilfe durchaus sinnvoll sein“, sagt Lehrerin Bobusch. Sie nennt dabei etwa Grammatik-Schwächen in Sprachen oder Grundlagen in Mathematik als Beispiel. „Aber wenn es Defizite im Verständnis von aktuellem Stoff gibt oder Hilfe mit Hausaufgaben benötigt wird, gelingt das oft nicht so gut“, sagt Bobusch.
Deshalb sollte es ein Gespräch mit den Lehrern in den betroffenen Fächern geben, bevor Nachhilfe in Anspruch genommen wird. Schon Lehrkräfte in einer Pause anzusprechen, könnte ausreichen, damit sie Schülern sagen können, wo sie Schwächen oder den Grund für nicht so gute Noten sehen. Eine andere Gelegenheit für solche Rückmeldungen sind etwa Elternsprechtage.
Was die Lehrer in der Schule dagegen nicht leisten können, ist zusätzliche Aufgaben für die Nachhilfe aufzugeben. Genau das – nämlich konkrete Aufgaben zu stellen und zu bearbeiten – wäre dann Aufgabe für das außerschulische Angebot.
Dass ein Austausch zwischen Schule und Nachhilfeanbietern wichtig ist, betont auch Martina Bertl. Wenn Eltern und Schüler ihr das gestatten, spricht Bertl gern mit den Fachlehrern ihrer Schüler über deren Situation. „So kann man oft besser verstehen, wo genau Probleme liegen“, sagt Bertl.
Zu große Belastung vermeiden
Bertl ist vom Prinzip des Einzelunterrichts überzeugt und verfolgt dieses mit ihrer Institution. Für andere Anbieter möchte sie aber nicht sprechen. Um auf die verschiedenen Voraussetzungen der Kinder in der Nachhilfe zu reagieren und das Programm an ihr schulisches Umfeld anzupassen, eignet sich das Prinzip des Einzelunterrichts am besten, so Bert.
Wichtig sei dabei aber auch, die Kinder oder Jugendlichen nicht mit Zusatzangeboten zu überfrachten. Höchstens zwei Nachhilfestunden pro Woche führt Martina Bertl mit Schülerinnen durch. „Wenn zum Beispiel von Eltern mehr gewünscht wird, liegt das oft daran, dass sie den Bedarf dafür anders wahrnehmen, als die Schüler selbst“, sagt Bertl.
Zielführender als ein großes Pensum sei es, das Angebot als Hilfe zur Selbsthilfe für Kinder zu sehen. Deshalb ist ein Teil ihres Unterrichts auch, mit den Schülern an Lerntechniken zu arbeiten – etwas, wofür im Schulalltag selten Zeit ist, wodurch sich Lernerfolge aber langfristig steigern lassen.
Solche Angebote können Bertl zufolge für Schüler in allen Altersstufen sinnvoll sein. Und zwar unter anderem, weil Eltern im Allgemeinen keine guten Lehrer für ihre eigenen Kinder sind. „Auch meine eigenen Kinder haben von anderen Lehrern Nachhilfe bekommen, nicht von mir“, sagt Martina Bertl. Denn in der Beziehung von Eltern und Kindern kann vieles andere die Arbeit am Lernen überlagern. Oder Frustrationen aus dem Lernen können sich auf die sonstige Beziehung auswirken.
Kosten als Hürde für Nachhilfe
Schulen wie das Pückler Gymnasium haben keinen systematischen Überblick, darüber, wer Nachhilfe in Anspruch nimmt. „Das ist nicht etwas, das wir von allen erfragen, und die Initiative kommt meistens von den Schülern beziehungsweise Elternhäusern“, sagt Martina Bobusch. Lehrer erführen eher zufällig, wenn ihre Schüler Nachhilfe nehmen.
Vereinzelt könnte der Vorschlag zu Nachhilfe aber auch von Lehrerkräften in der Schule kommen. „Eigentlich sollte ja der Unterricht selbst leisten, was nötig ist, aber in der Praxis ist das eben nicht immer so“, sagt Bobusch. Aber auch wegen der finanziellen Hürde dafür, Nachhilfe in Anspruch zu nehmen, könne die Schule das nur schwerlich empfehlen.
Förderunterricht in Schulen keine direkte Alternative
Der Förderunterricht in der Schule, wie es ihn an den Cottbusser Gymnasien gibt, kann nur zum Teil einen Alternative zu außerschulischer Nachhilfe sein. In dessen Ganztagsangebot gibt es zwar Förderunterricht, doch für welche Klassenstufen, in welchen Fächern und in welchem Umfang der angeboten wird, hängt von den Personal-Stunden ab, die der Schule dafür zur Verfügung stehen. Und es kann auch vorkommen, dass die dafür eingeplanten Stunden in regulären Unterricht umgewandelt werden müssen, wenn etwa Lehrkräfte ausfallen.
Daniel Roßbach
Titelbild: Shutterstock