Ich werde Anwalt: Das Jura-Studium

Das Jura-Studium: Was lernt man da eigentlich? Wie läuft das Studium ab und wo kann man danach Karriere machen? PLANBAR sprach mit Jura-Absolventin Sarah.
junge Frau die Jura studiert

Jura ist wohl einer der bekanntesten Studiengänge überhaupt. Doch wie läuft das Studium eigentlich ab und was lernt man alles? PLANBAR sprach mit Sarah, einer 26-Jährigen Jura-Absolventin.

Erzähl doch mal kurz etwas über dich und dein Studium.

Ich bin 26 Jahre alt und habe 6 Jahre an der Universität Potsdam Rechtswissenschaften studiert. Das ist die offizielle Bezeichnung für das umgangssprachliche „Jura“-Studium.

Beschreibe doch mal, was du in deinem Studium gelernt hast.

Ganz allgemein kann man sagen, dass man im Jura-Studium lernt, die Gesetze und Paragraphen zu verstehen. Du beziehst die Theorie auf Praxisfälle und lernst, diese so anzuwenden.

Wie bist du auf die Idee gekommen, Jura studieren zu wollen?

Ich habe von der 11. bis zu 13. Klasse das Wahlfach „Recht“  belegt.  Ich hatte sehr gute Noten in dem Fach, da es mich in der Schulzeit von allen Fächern am meisten interessiert hat. Dadurch wurde mein Interesse geweckt und ich begann, mit dem Gedanken zu spielen, dass ich in meiner Zukunft gern  etwas mit Recht und Gesetzen machen wollte. Nach dem Abi hab ich dann mit meinen Eltern überlegt, was meine Stärken sind und festgestellt, dass ich sehr kommunikationsfreudig bin und es mir nicht schwer fällt, Theoriewissen zu erlernen, beides optimale Eigenschaften für einen angehenden Juristen. Beworben habe ich mich an den Unis in Berlin, Potsdam und Leipzig, da ich nicht zu weit weg von zu Hause wollte. Eine Zusage bekam ich aus Potsdam und Leipzig und durch die positiven Erfahrungen durch eine Bekannte, habe ich mich dann für die Universität Potsdam entschieden.

Welche Anforderungen musstest du für die Zulassung zum Studium erfüllen?

Die allgemeine Hochschulreife muss jeder Bewerber besitzen. Einen NC gab es bei meinem Studiengang nicht, jedoch ist das universitäts- und bewerberabhängig: Wenn die Anzahl der Bewerber hoch ist, wird in der Regel ein NC festgelegt, ist die Bewerberzahl gering, werden meistens alle zum Grundstudium zugelassen. Hier befasst man sich 3 Semester lang mit den drei Rechtsgebieten Zivilrecht, Strafrecht und öffentliches Recht. Zusätzlich muss man als Schlüsselqualifikation Rechtsgeschichte belegen. Man legt pro Semester in jedem Rechtsgebiet 2 Klausuren ab. Am Ende der 3 Semester müssen 6 Klausuren, sowie die Schlüsselqualifikation bestanden und eine Hausarbeit geschrieben werden, um zum Hauptstudium zugelassen zu werden.

Grund- und Hauptstudium? Wie läuft denn so ein Jura-Studium ab?

Es ist sehr umfangreich und theoretisch. Das Jura-Studium unterteilt sich in das Grund- und Hauptstudium. Dabei stellt das Grundstudium eine Hürde dar, die es zu bewältigen gilt: Bestehst du das Grundstudium, welches sich aus den 3 Semestern und der Schlüsselqualifikation zusammensetzt, wirst du zum Hauptstudium zugelassen. Das Hauptstudium variiert in der Dauer von Student zu Student, ich habe 2 Jahre gebraucht. Es gibt hier 3 große Scheine pro Rechtsgebiet, das sind übrigens die gleichen, wie im Grundstudium, die es zu anzueignen gilt. Ein Schein setzt sich aus einer Hausarbeit und einer Klausur zusammen. Wenn ein Teil davon nicht bestanden wird, muss man von vorne beginnen und nochmal eine Hausarbeit und eine Klausur ablegen.

So läuft das in jedem Rechtsgebiet für jeden Schein. Zustzätzlich muss eine Fremdsprachenkompetenz in Recht erworben werden, die Sprache ist frei wählbar. Ich habe Englisch gewählt und durfte dann zwischen englischem und amerikanischem Recht wählen. Auch im Hauptstudium stößt man nochmal auf eine Schlüsselqualifikation, bei der man beispielsweise Rhetorik und Methodik wählen kann, die es zu bestehen gilt. Als Schlüsselqualifikation kann man noch aus viel mehr Fächern auswählen.  Das wichtigste jedoch ist die Schwerpunktbereichsprüfung: Die besteht aus einer Hausarbeit und einer Klausur, das Fach ist wieder frei wählbar. Das Fach belegt man dann 2 Semester und legt dann die Prüfung ab. Wenn man diese nicht besteht, ist man komplett raus aus dem Studium. Ich habe meine Prüfung in Medien- und Wirtschaftsrecht  abgelegt. Wenn man es bis hierhin geschafft hat, ist man „scheinfrei“, das heißt, du hast den Uni-Teil geschafft und beginnst den staatlichen Teil auf eigene Faust. Es geht an die Examensvorbereitung. Innerhalb des Hauptstudiums heißt es aber nicht nur lernen, lernen, lernen. Als Student hat man auch 12 Wochen Praktikumszeit vor sich, welche man sich frei einteilen kann.

Was für Interessen sollte man als angehender Jurastudent mitbringen?

Definitiv Interesse an Recht und Gesetzen, schließlich hat man damit im gesamten Studium zu tun. Außerdem sind Willensstärke, Ehrgeiz, Disziplin und Belastbarkeit wichtige Charaktereigenschaften, die ein angehender Jura-Student mitbringen sollte. Weiterhin muss man sich drauf einstellen, dass man sehr viel lesen und argumentieren wird, da man jede seiner Entscheidungen begründen und mit Paragraphen und Gesetzen belegen muss. Wer sich vorher an Unis schlau machen möchte, der wird von den Professoren auch direkt auf den Boden der Tatsachen geholt. Rechtswissenschaften sind kein Zuckerschlecken, man muss zielstrebig sein und wissen, wofür man das Studium bestehen möchte. “Ich studiere jetzt einfach mal Jura“, ohne eine genaue Vorstellung vom Studiengang zu haben, ist keine gute Idee.

Was sind denn die Hauptinhalte im Jura-Studium?

Es ist ein sehr theorielastiges Studium, das kann ich nicht bestreiten. Es kommt aber immer auf die Professoren an, viele arbeiten mit realen Fällen, wodurch der Bezug zur Praxis wieder geschaffen wird und es damit sehr interessant wird. Du lernst jedoch keine Paragraphen oder Gesetze auswendig! Stattdessen lernst du, wo alles zu finden ist, in welchem Gesetzbuch du welchen Paragraphen findest und wie vielseitig Jura letzten Endes auch ist. Theorie ist nämlich nicht gleich Praxis: Die besteht aus Herleitungen von Auslegungsmethoden an Gesetzen, bedeutet allgemein, du prüfst, ob Rechte und Gesetze auf den jeweiligen Mandanten bzw. Fall richtig angewendet wurden.

Wie lang dauert das Studium im Schnitt und wie ist das mit der Examensvorbereitung?

In 9 Semestern solltest du „scheinfrei“ sein, also alle Rechtsgebiete und Co. bestanden haben. Das sind 4 ½ Jahre Regelstudienzeit für das Grund- und Hauptstudium. Danach folgt dann die Examensvorbereitung, welche man auf eigene Verantwortung plant. Die Examensvorbereitung ist deshalb wichtig, da man dort, einfach gesagt, lernt, Examen richtig zu schreiben. Die Klausuren im Hauptstudium sind meiner Meinung nach nicht vergleichbar mit dem Examen am Ende des Studiums. Bei der Vorbereitung lernst du die Bearbeitung von Examen und Zeitmanagement, da man sehr unter Zeitdruck geraten kann aufgrund des Umfangs der Prüfungen. Du bekommst dort Feedback, was du verbessern kannst oder ob du bereit bist für dein richtiges Examen.

Du hast vorhin ein 12-wöchiges Praktikum erwähnt. Wie läuft das ab?

Das Praktikum findet im Hauptstudium statt und du kannst es dir frei einteilen. Dir stehen 12 Wochen zur Verfügung, die du verplanen kannst. Du hast auch die Möglichkeit,  in dieser Zeit in verschiedene Unternehmen reinzuschnuppern. Im Prinzip kannst du überall ein Praktikum machen, wo dich ein Volljurist betreuen kann. Am geeignetsten dafür sind natürlich Gerichte oder Anwaltskanzleien, aber auch im öffentlichen Dienst besteht oft die Möglichkeit. Ich z.B. habe meine Praktika beim Landgericht gemacht, wo ich einem Richter zugeordnet war. Ich hab Akten bearbeitet und war bei Gerichtsverhandlungen dabei. Dann war ich bei einem Rechtsanwalt, den ich bei Verhandlungen, Mandatsgesprächen und Außenterminen begleitet habe. Anschließendwar ich noch bei der Staatsanwaltschaft, wo ich Polizei und Kripo begleiten durfte. Einmal bekam ich sogar  die Gelegenheit, mit ins Krematorium zu gehen, um bei einer Obduktion zuzuschauen. Das sind alles ziemlich spannende Erfahrungen, die ich nie vergessen werde!

Was gibt es für Karrieremöglichkeiten nach dem Studium? Wo kannst du dich mit deinem Studienabschluss überall bewerben?

Also man muss sagen, dass es extrem viele Juristen gibt, der Jobmarkt ist also recht gut umkämpft. Als was man sich später bewerben kann, richtet sich in der Regel nach deinem Examen: Richter und Staatsanwälte benötigen ein Prädikatsexamen mit „voll befriedigend“, ein Rechtsanwalt kann jeder Volljurist werden. Man kann sich dann entweder in einer Kanzlei bewerben oder sich verselbstständigen. Ich persönlich möchte gern im öffentlichen Dienst Karriere machen, warte aber noch auf meine Referendariatsstelle. Mit dem ersten Staatsexamen, welches sich eben aus Uni-Studium und dem Examen zusammensetzt, ist man Diplom-Jurist, dieses Examen habe ich gerade abgeschlossen. Das zweite Staatsexamen setzt sich aus einem Referendariat mit praktischer Ausbildung und Examen zusammen, wenn diese Hürde dann noch überwunden wird, hat man es geschafft und ist Volljurist.

Was für Besonderheiten zeichnet das Jura-Studium aus?

Nun ja, der Ablauf ist zuerst ein ganz anderer. Wir machen einen Examens-Abschluss anstatt Bachelor und Master, wobei die Möglichkeit für den Bachelor of Law ab dem 6. Semester besteht. Zudem fassen die Examen nochmal alles aus dem Studium zusammen, da gibt es keine Module, die man gedanklich abhaken und dann vergessen kann. Außerdem gibt es keinen Zeitplan mit Credits, die wir sammeln müssen. Und das Bewertungssystem ist anders, es wird alles viel subjektiver bewertet und wir besitzen ein Punktesystem, wobei 18 Punkte 100% darstellen und mindestens 4 Punkte benötigt werden, um zu bestehen, das sind umgerechnet 50%.
Fazit: Jura ist nicht für jedermann geeignet, du solltest dir gut überlegen, ob dieser Studiengang  zu dir passt. Aber sobald du dein Studium erfolgreich abgeschlossen hast, steht deiner Karriere als Jurist nichts mehr im Wege!