Hitler ist wieder da – ein erstaunlich guter Film
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Ein Film über Hitler. Ein deutscher Film über Hitler? Alles schon da gewesen. Ob Bruno Ganz im "Untergang" oder Christoph Maria Herbst in "Der Wixxer". Hitler gab es oft, aber "Er ist wieder da" ist trotzdem kein Langweiler.
Im Gegenteil, der Film ist sogar richtig gut. Ich bin mit gemischten Erwartungen ins Kino gegangen. Nach dem ich bereits das Buch von Timur Vermes gelesen habe und das Hörbuch, gelesen von Christoph Maria Herbst, gehört hatte, vermutete ich, dass die Verfilmung des Buches in die Richtung "Erfolgreiches Buch, schlechter Film" geht.
Auch die Trailer waren zunächst nicht vielversprechend. Die Dialoge im Trailer waren fast wortwörtlich dem Buch entnommen, so dass ich befürchtete, der Film wird sehr langweilig, wenn man das Buch schon kennt.
Deutsche Filme - Armutszeugnis?
Aber nach ein paar verstrichenen Tagen, konnte ich es doch irgendwie nicht lassen, mir diesen "deutschen" Film im Kino anzusehen. Deutsche Filme, das ist wie türkische oder indische Pizza. Schmeckt ab und zu mal, aber auf dauer darf es dann doch lieber die italienische Pizza sein.
Wer nicht auf Till Schweiger oder Matthias .. äh wie hieß er nochmal .. Schweighöfer steht, der hat es in Deutschland mit heimischen Filmen echt schwer. Da blickt man fast neidisch auf James Cameron, Tim Burton oder Michael Bay. Alle stammen von der anderen Seite des großen Teichs. Klar, man kann sich schlecht-synchronisierte Filme von ihnen auf Deutsch anschauen, aber das Wahre ist eben nur das Original.
Dementsprechend gespannt war ich auch, ob es "Er ist wieder da" mit dem altgedienten Thema Adolf Hitler, mich, wie das Buch, begeistern konnte.
Hitler back in town
Wer keine Spoiler lesen möchte, der sollte den nächsten Abschnitt überspringen.
ACHTUNG SPOILER
Der Film begann wie erwartet. Hitler wacht in Berlin-Köpenick in der Nähe des Führerbunkers auf. Sieht Kinder Fußball spielen und nennt einen Jungen "Hitlerjunge Ronaldo". Das sorgte im Kino zwar für Lacher, war aber eine alte Nummer aus dem Buch und für mich leider zu vorhersehbar. Allerdings vielen zu Beginn auch einige Unterschiede zum Buch auf. Regisseur David Wnendt erzählte die Story ein bisschen anders. Während Hitler, gespielt von Oliver Masucci, sich in einem Zeitungskiosk einnistet und erstmal das aktuelle Weltgeschehen kommentiert und dabei vorzüglich Merkel, Gabriel und Co. aufs Korn nimmt, scheinen bei der Fernsehproduktionsfirma einige Dinge aus dem Ruder zu laufen, die man so im Buch nicht findet.
Katja Bellini, gespielt von der deutschen Schauspielerin Katja Riemann, ist die Geschäftsführerin bei der Firma my-TV. Sie hat seit Neustem die Verantwortung und das passt dem stellvertretendem Geschäftsführer Christoph Sensenbrink, gespielt von Christoph Maria Herbst, überhaupt nicht. Ich weiß nicht ob es Zufall ist, dass Christoph Maria Herbst und Michael Kessler, der Michael Witzigmann spielt, beide ihre Vornamen in der Rolle behalten haben. Denn im Buch hießen die Figuren anders.
Christoph Maria Herbst spielt, wie viele bedauern, nicht den Hitler, sondern eine typische Manager Figur, die nur auf Macht und auf eine gute Position aus ist. Typisch Stromberg eben. Aber: Er macht es gut. Sehr gut sogar. Oliver Masucci als Hitler brilliert vor allem gegen Ende des Films.
Aber der Reihe nach: Nachdem Hitler, wie im Buch im Zeitungskiosk sein Unwesen treibt, stellt sich heraus, dass bei my-tv der Angstellte Fabian Sawatzki, gespielt von Fabian Busch, entlassen wird. Ah, anders als im Buch ist bei der Fernsehproduktionsfirma nicht alles in Butter. Sawatzki findet durch einen Zufall auf altem Bildmaterial Hitler, wie dieser grade in Berlin wieder aufwacht und sucht ihn. Hitler, der seine Uniform grade noch in eine "Blitzreinigung" gebracht hat, trifft beim Zeitungskiosk auf Sawatzki. Danach folgt eine Tour durch das ganze Land, die sehr viele Szenen beinhaltet, die eben nicht im Buch sind. Von da an war ich schon positiv gestimmt. Auch die Art der Schnitts und der Einblendungen überzeugt. Als Hitler das Internet entdeckt und berühmter wird, sieht man eine wahnsinnig schnelle und actionreiche Visualisierung von "Social-Media"-Kanälen.
Hitler, der immer berühmter wird, auch die buch-typischen Besuche bei der NPD und Co. macht, wird im Film allerdings auf Grund des Erschießens eines kleinen Hundes plötzlich wieder unbeliebt in Deutschland. Ab diesem Zeitpunkt gibt es sehr viele Wendungen im Film, die alle so nicht im Buch sind, um aber am Ende auf ein ähnliches Ergebnis zu kommen.
Darf man da lachen?
Um jetzt nicht so viel zu spoilern: Am Ende bleibt einem das Lachen wirklich im Hals stecken. Das, was das Buch und Hörbuch nicht wirklich rüberbringen konnten, dass Hitler "wirklich" wieder da sei, genau das schafft der Film dafür um so besser. Während man in der ersten Stunde jede Szene genießt, wenn Hitler beispielsweise an einen Starkstromzaun packt oder verzweifelt versucht einen Schokoriegel zu essen, umso mehr grübelt man gegen Ende des Films, als eine ältere Dame eindrucksvoll erkennt, dass es sich um den echten Hitler handelt.
Auch wenn man in diesem Moment weiß, dass das alles nur ein Film ist, lässt einen der Film nachdenklich werden. Die Art und Weise, wie Hitler es schafft, dass ihm jede Menge Menschen folgen ist beeindruckend. Er drillt junge Leute, die Spaß dabei haben bei dieser Sache mitzumachen und das alles nicht zu ernst nehmen, schreibt seinen eigenen Roman "Er ist wieder da", also das Buch quasi im Film von ihm selber verfasst und schafft es so eine merkwürdige Atmosphäre zu kreieren. Als er dann, wie im Buch, von Neonazis zusammengeschlagen wird, ist der Spaß endgültig vorbei. Mittlerweile haben einige Leute erkannt, dass es sich um den echten Hitler handelt, und spätestens, als das Thema Juden dann doch brisant wird, fragt man sich, wie lustig darf man den Film eigentlich finden?
Und genau das ist der Unterschied zum Buch: Während im Buch der Fokus eher auf den irrwitzigen Situationen eines Diktators aus den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts, der sich im 21. Jahrhundert abmüht, liegt, stellt der Film etwas ganz anderes in den Fokus.
Spoiler Ende
Der Film möchte nicht bloß komisch sein. Es geht nicht darum, dass man über einen alten Mann lacht, der tollpatschig und am Ende zielstrebig versucht wieder an die Macht zu kommen. Das Ende macht es deutlich. Sinngemäß sagt er am Ende: "In Zeiten von Wirtschaftskrisen, Flüchtlingskrise und Arbeitslosigkeit ist die Lage gut für mich. Sehr gut sogar."
Damit ist keinesfalls Hitler selber gemeint, sondern viel mehr Leute, die einem das Denken verbieten wollen und aus Notsituationen und Unzufriedenheit Proift schöpfen wollen.
Die dazu eingeblendeten Bilder von PEGIDA und Ausschreitungen in Deutschland machen den Film zu einem passenden Zeitzeugnis unserer Zeit. Ich möchte nicht sagen, dass es der beste deutsche Film aller Zeiten ist. Schauspielerisch wurde hier, teilweise, leicht nach Stromberg Format gedreht. Also eine Kamera, die wirklich auch integriert ist in die Welt. Die Schauspieler sind auch nicht alle überragend. Aber die Geschichte, die ist einmalig und hat mich am Ende nachdenken lassen. Und das ist das, was nur ein guter Film schafft.
Stromberg als Hitler?
Mein persönliches Highlight im Film: Sensenbrink, also Christoph Maria Herbst, wirtschaftet myTV den Bach runter nachdem Hitler ausgestiegen ist. Bei einer Krisensitzung deligiert er mir zitternder Hand alle seine Angestellten bis auf 2 hinaus und schreit á la Bruno Ganz in der Untergang. Diese Szene ist im Zusammenhang mit dem Film köstlich mit anzusehen. Möglicherweise soll damit gesagt werden, dass Hitler nicht nur in Filmen, sondern überall im Alltag lauern kann. Auch Michael Kessler als Michael Witzigmann ist auf eine gewisse Art und Weise genau so Satire, wie Hitler selber in diesem Film.
Links:
Kritik von FILMSTARTS: http://www.filmstarts.de/kritiken/225657.html
INTERVIEW mit YouTube-Star: https://planbar-magazin.de/mrwissen2go-im-interview/