FRAUENTAGS-SPEZIAL: SignalmechanikerIN, alle Weichen auf Frauenpower!
Afterwork
Wenn wir mal ehrlich sind, betrachten wir zu selten die Helden des Alltags. Wir reden hier zum Beispiel von den Menschen, die Tag ein und Tag aus für den funktionierenden Bahnbetrieb sorgen. Manchmal sieht man sie an den Weichen arbeiten - irgendwas mit Instandsetzung und Wartung. Sie reparieren halt das, was dort kaputt ist und das ist doch Männerarbeit, oder nicht?
Dazu konnte PLANBAR eine tolle Frau befragen, die ein ganz klares Vorbild für die Gemeinschaft ist. Tanja Neumann ist ihr Name, ausgebildete Mechatronikerin im Bergbau und im Alter von 26 Jahren konnte sie uns einiges dazu erzählen.
Trotz der vielen Überstunden in den vergangenen Wochen hat sie sich die Zeit für uns genommen, einfach toll! Es liegt auch in ihrem Interesse, so etwas gerade zum Frauentag zu unterstützen.
Das Interesse an technischer Arbeit hatte sie wohl schon als Kind und auf den Beruf der Signalmechanikerin ist sie nach der Arbeit als Mechatronikerin im E-Lokbau durch einen Zufall gestoßen. Außerhalb der Tore der deutschen Hauptstadt Berlins wuchs sie auf dem Land umgeben von Traktoren und Mopeds auf. Ihre Familie wollte sie davon fernhalten, doch mit diesen Einflüssen fasste sie früh den Entschluss, einen technischen Beruf erlernen zu wollen. Vorbildlich beendete sie 2013 zunächst ihr Abitur, anschließend begann die Bewerbungsphase. Ihren Eltern erklärt Tanja: „Man kann nach der Ausbildung ja immer noch studieren!“ Wohl wahr!
Ist aller Anfang wirklich dermaßen schwer?
Es ist schon fast acht Jahre her, als sie auf Grund ihres Geschlechts erneut auf Hürden stieß. Auch wenn sie bei fast 40 Bewerbungen mit Absagen gerechnet hatte, wurde sie von den kuriosen Begründungen doch überrascht. „Die Bewerbungen liefen eher schleppend. […] Dort irgendwo rein zu kommen, war als Frau sehr schwierig. […] Ich habe mich also überall beworben, wo es ging. […] Wirklich sehr vielseitig, Hauptsache Technik.“ Doch später bekam sie die ersten Absagen. „Unter anderem standen Begründungen drin, wie ‚Mit Abitur bist du überqualifiziert […] und die andere Begründung war ‚Es gibt gar keine sanitären Anlagen für Frauen bei uns im Betrieb und dadurch müssen wir Sie leider ablehnen.‘“ Letzteres findet sie besonders schade, da sie nach eigener Aussage nicht mehr als eine Toilette und einen Spind für ihre Sachen braucht. Endlich, die erste Zusage! Im Großunternehmen Vattenfall war sie nicht die erste weibliche Azubine in einem handwerklichen Beruf. Ihr wurde gesagt, dass auszubildende Frauen für frischen Wind sorgen und sie sie deshalb gerne einstellen würden. Sie hatte die freie Wahl bezüglich Stelle und Standort, also entschied sie sich für die Lausitz.
Mit Klischees bombardiert
Die drastische Wende kam nach der dreijährigen Ausbildung. „[Meine Kollegin] war Klassenbeste und ich war dritte oder vierte von [insgesamt] zwölf. Durch die Leistung allein hatten wir einfach nie Probleme, weil sich niemand getraut hat, uns irgendwas vorzuwerfen.“… Bis zu ihrer endgültigen Versetzung. „[…] da liefen die Uhren rückwärts, habe ich das Gefühl gehabt. Da fühlte ich mich dann völlig vor den Kopf gestoßen und wurde komplett mit Klischees bombardiert.“ erzählte sie uns.
„Was ich denn hier wollen würde“; „Wenn ich für jede Arbeit einen Kran bräuchte, dann dauert das ja ewig“; „Weiberarbeit wäre sowieso qualitativ nicht so hochwertig und man müsse es immer kontrollieren“ und noch mehr hätte man zu ihr gesagt, was für sie schon in Richtung Mobbing geht. Sie kann die Vorwürfe nur zurückweisen: „Auch ich habe meine 45 kg [schweren] Achsstege gehoben und mit richtiger Technik geht das auch einwandfrei und sogar rückenschonend ohne Kran!“. Doch trotz ihres Hilfesuchens beim Betriebsrat, einer Sozialarbeiterin und auch beim Meister, gab es keine Besserung.
Es gibt immer einen Weg
Tanja lässt sich solch ein Verhalten natürlich nicht gefallen, doch als wir hören, dass es noch weitere drei Jahre dauerte, bis sie eine Zusage bei der Deutschen Bahn Netz AG bekam, waren wir kurz sprachlos. „Ich habe das drei Jahre ausgehalten und versucht, meine Arbeit so gut es geht zu machen“. Mit Unterstützung von nur wenigen KollegInnen, wechselte sie schließlich den Betrieb. Dort hatte sie ein ganz tolles Bewerbungsgespräch und bei dem Wechsel im April letzten Jahres gab es überhaupt keine Probleme. Neben der Erfahrung, die sie vorweisen konnte, begeisterte sie ihren jetzigen Chef vor allem durch ihr Engagement. Die Frauenquote dort würde sie auch höher als der 2018 ausgeschriebenen 23%[1] einschätzen.
Pfiffig sein und Köpfchen haben empfiehlt sie. „Vor allem dickes Fell bei den Jungs […], die reden halt ein bisschen anders miteinander und sie sind dann auch ein bisschen perplex, wenn sie mal einen Konter zurückkriegen“ sagt sie lachend.
Sie klingt begeistert und betont, dass natürlich die Anatomie Unterlegenheit bei beiden Geschlechtern hervorruft, dass dafür jedoch keiner was kann. „Jeder Mensch mit ein bisschen Grips im Hirn weiß das auch!“, ergänzt sie und wir können nur zustimmen. „Jeder ist, wie er ist und jeder hat seine Stärken und Schwächen. Man braucht sich nicht von irgendjemandem sagen zu lassen, dass man irgendwas nicht schafft oder kann. Es gibt immer einen Weg.“ lautet ihr Fazit.
Was für eine starke Frau, ein echtes Vorbild eben!
Quellen:
[1] https://www.deutschebahn.com/resource/blob/1172540/3df560f5746f5aa89e748862bb833a5c/TD_Frauen_bei_der_DB_2016-data.pdf [Letzter Zugriff: 03.03.2021; 11:40 Uhr]