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FRAUENTAGS-SPEZIAL: Ein Hoch auf unsere BusfahrerINNEN!

Afterwork

Veröffentlicht am 08.03.2021

Mit den Kopfhörern im Ohr, völlig verschlafen in den Bus oder in die Bahn steigen auf dem Weg zur Schule, Arbeit oder Uni. Augenkontakt vermeiden und ein verschlafenes ‚Morgen‘ beim Vorzeigen des Fahrscheins grunzen. Irgendwo hinten auf den letzten Sitz verkriechen und die vorbeiziehende Landschaft genießen. Der Fahrer vorne wird schon wissen, was er tut.

Der Fahrer? Ja, meistens ist es doch ein älterer, grummelig dreinschauender Fahrer, der uns die Tür öffnet, oder nicht? Jil Schiemenz, Auszubildende Fachkraft im Fahrbetrieb bei Cottbusverkehr, kann das nicht bestätigen.

Jung und gut gelaunt klingt sie am Telefon während unseres Interviews. Und das obwohl sie bereits ihren ersten Dienst von um 5 bis 8 Uhr hinter sich hat und der zweite am Nachmittag noch folgt. Sämtlichen noch halb 10 verschlafenen PLANBAR-Redakteuren fällt in dem Moment der Kaffee aus der Hand. Dafür muss man gemacht sein, sind Jil und wir uns einig. Doch der 18-jährigen Cottbuserin macht ihre Arbeit Spaß.

Sie war jahrelang selber Fahrgast auf dem Weg zur Schule und konnte sich den Beruf schon damals gut vorstellen. Acht Stunden am Computer sitzen, kam für sie gar nicht in Frage. Abwechslung wollte sie in ihrem Berufsleben und die hat sie nun. Ständig fährt sie neue Strecken mit Straßenbahn und Bus und das nicht nur in Cottbus, sondern auch um die Stadt herum.

Eine Ausnahme-Auszubildende in einem Männerberuf?

Ganz und gar nicht. Sie kann dem Vorurteil, die meisten Bus- und Bahnfahrer wären männlich, nur bedingt zu stimmen. In ihrer Ausbildungsklasse in Berlin sind sie nur drei Mädchen von insgesamt zwanzig Auszubildenden. Da ist der Anteil gering, das stimmt. Aber in ihrem Betrieb arbeiten sehr viele Frauen. Und warum auch nicht, wo die Aufgaben absolut nicht geschlechterabhängig sind.

Was machen Fachkräfte im Fahrbetrieb außer … naja, eben fahren?

In den ersten beiden Jahren ihrer Ausbildung lernte die 18-jährige den gesamten Betrieb erstmal gründlich kennen. Sie machte sich vertraut mit der Verwaltung und dem Marketing und bewies Freundlichkeit im Kundenzentrum. Nichts, was irgendwie geschlechterspezifisch wäre.

Aber wie sah es mit ihrem Einsatz in der Werkstatt aus? „Werkstatt“, fragen wir nach, „klingt ja doch nach Männerbereich. Wurdest du dort als junge Frau anders behandelt?“ Doch diese Fehlannahme wischt Jil sofort beiseite: „Nein, ich musste dort genauso anpacken, wie alle anderen auch und lernte u.a. einen Busreifen zu wechseln.“ Den Reifen eines Busses wechseln? Das stellen wir uns sehr anstrengend vor und Jil bestätigt, dass es eine gewisse Kraft benötigt. Aber die junge Auszubildende wirkt auf uns keine Sekunde lang so, als würde ihr die Energie dazu fehlen.

„Wir sind dort wie eine Familie. Man unterstützt sich gegenseitig“, betont sie stolz zum Schluss und man hört ihr an, wie zufrieden sie mit ihrer Berufswahl ist.