Warum eSports längst kein Nerd-Thema mehr ist
Leben
Kann das Spielen von Videogames Sport sein? Die sichtbaren Bewegungen beim eSports sind natürlich nicht vergleichbar mit klassischen Sportarten, wie Fußball oder American Football. Dafür allerdings mit Sportarten wie Schach, Motorsport oder Schießen. Fakt ist: eSports ist längst zu einer ernst zunehmenden Branche mit großen Stars, Millionen Fans und riesigen Turniere mit hohen Gagen geworden. Das haben auch die ersten Bundesligavereine erkannt, die sich zunehmend in diesem Bereich engagieren, zuletzt im Juni der VfB Stuttgart.
Auch in der Gesellschaft wächst der eSports, lokale Vereine in Leipzig und Magdeburg wurden gegründet. Auch in Cottbus steht der „Cottbus eSports“ vor der Gründung des ersten eSports-Vereins in Brandenburg. Aber nicht nur Vereine sorgen dafür, auch Hochschulgruppen an Universitäten wurden ins Leben gerufen bis hin zu den ersten eSports-Studiengängen in Schweden. Sogar eine Universitäts-Liga (University eSports Masters), ähnlich wie beim American Football, gibt es inzwischen.
Dennis Gehlen hat es geschafft. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht: Vom Computerspiel-Kid zum Start-Up-Unternehmer. Er ist ein junger Mann mit der neumodischen Silicon-Valley-Mentalität: Kapuzenpulli und Jeans statt Sakko und Krawatte. Die Geschichte, die er uns im Interview erzählt, klingt eigentlich unglaublich, ein Traum für jeden jungen Fan von Computerspielen. Da ist jemand, der Geld damit macht, Computerspiele zu kommentieren, der mit TaKeTV seinen eigenen Gaming-Sender sowie eine eigene Bar für den Bereich eSports aufgebaut hat und mittlerweile rund 30 Mitarbeiter beschäftigt.
Aber wie ist es dazu gekommen? Darüber sprach PLANBAR mit Dennis Gehlen, in der Szene bekannt unter „TaKeTV“.
Du bist heute 31 Jahre jung und führst deine eigene Firma. Du selber warst aktiver eSports-Profi in deiner Jugend. Wie hast du damals den Spagat zwischen Schule/Ausbildung und deinem Hobby „professionelles Computerspielen“ geschafft?
Es war nicht immer einfach, Schule und Gaming auf hohem Level zu vereinbaren, da ich, offen gesagt, sehr viel mehr Spaß am Spielen hatte. Ich war ich auch nicht immer der fleißigste Schüler.
Grundsätzlich muss man aber sagen, dass man in der Schulzeit doch sehr viel Freizeit hat und somit viel trainieren kann. Nur Turniere im Ausland, die schon donnerstags/freitags angefangen haben, waren problematisch. Idealerweise wurde man von der Schule freigestellt.

Wussten deine Eltern von deinem „speziellen Hobby“ und wie haben sie darauf reagiert?
Meine Eltern haben es recht früh mitbekommen und mir schon seit jeher sehr viel Freiraum in meinen Entscheidungen gelassen. Es hat lange gedauert, bis sie verstanden haben, dass ich mit meinem Hobby sogar Geld verdienen kann. Aber erst, als ich ein Auto im Wert von ca. 20.000 € nach Hause brachte, war die Akzeptanz höher.
Heutzutage verdienen die Profi-Spieler bis zu siebenstellige Beträge im Monat, wie sah es zur deiner Zeit aus?
Schön wäre es gewesen, jedoch gab es zu meiner Anfangszeit gar keine Gehälter. Später dann einige Hundert Euro. Dann gehörte man schon zu den Bestbezahltesten.
Hattest du damals als junger eSportler schon eine Vision für deine berufliche Zukunft?
Absolut gar nicht und ich hätte es mir niemals erträumen lassen, dass ich einen Job in dieser Branche haben werde, mit dem ich meine Brötchen verdienen kann. Nun führe ich ein Unternehmen. Da ist wirklich ein Traum in Erfüllung gegangen.
Wie ging es dann für dich weiter?
Ich habe mit 19 Jahren nach der Schule ein redaktionelles Volontariat bei GIGA begonnen. Danach arbeitete ich dann noch drei Jahre für die ESL.
Du leitest heute dein eigenes Unternehmen „TaKeTV“ im eSports, wie ist es dazu gekommen?
Tatsächlich habe ich schon immer gerne Leute unterhalten. Damals bei der ESL hat es die Technik zugelassen, dass man mit einem kleinen Setup zu Hause streamen konnte. Das habe ich nach meiner Arbeit getan und aus einem kleinen Nebenprojekt von meiner Couch aus wurde der Anfang von TaKeTV.
Deine ersten Schritte hast du noch aus deinem eigenen Wohnzimmer gemacht. Von dort aus hast du deine ersten Events, wie den „HomeStoryCup“, produziert. Dazu hast du teilweise Spieler aus aller Welt eingeladen. Wie kommt man auf solch eine Idee?
Ich habe schon immer gerne Events organisiert und habe unbewusst Ideen im Kopf gesammelt. Zum Glück haben die Ideen viele Leute gemocht.
Heute produzierst du solche Events aus einem größeren „Wohnzimmer“. Dazu bist du 2014/2015 in den ehemaligen Krefelder Sportpalast umgezogen, heute deine eSports-Bar. Was erwartet einen in dieser Location?
Tatsächlich ein riesiges Wohnzimmer. Man findet hier ein kleines Kino, eine Bar, Gaming-bereiche mit PCs und Konsolen, einen Arcaderaum mit coolen Maschinen, VIP Area, TV Studios und natürlich auch meine alte Couch.
Früher schwirrten wir auf knapp 200m² rum und es wurde immer enger, der Platz reichte nicht mehr für die Leute aus. Dann entschied ich, dass wir nochmal umziehen und größer denken. Ich wollte ein noch größeres Wohnzimmer und somit machte ich mich auf die Suche und fand dieses Objekt bei der ersten Besichtigung.Früher schwirrten wir auf knapp 200m² rum und es wurde immer enger, der Platz reichte nicht mehr für die Leute aus. Dann entschied ich, dass wir nochmal umziehen und größer denken.Gaming-Bereiche mit PCs und Konsolen, einen Arcaderaum mit coolen Maschinen, VIP Area, TV Studios und natürlich auch meine alte Couch.
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Wie viele Leute beschäftigst du inzwischen?
Wir sind knapp 30 Leute, dazu gehören hauptsächlich Vollzeitbeschäftigte, aber auch Werkstudenten, Auszubildende und Praktikanten.
Ich bilde als Mediengestalter in Bild und Ton derzeit drei Leute im zweiten Lehrjahr aus und habe mittlerweile zwei ausgebildete Mediengestalter.
Welchen Tipp kannst du unseren Lesern geben, wenn sie sich im eSports beruflich verwirklichen wollen?
Passioniert sollte man sein und eSports nicht als 0815-Job sehen. Man sollte immer einen Schritt mehr gehen wollen und sich immer weiterentwickeln.
Kommen wir zurück zum eSports. Dieser hat sich in den vergangen Jahren vom Nischensport zum Mainstream entwickelt. Der eSports rückt in die Mitte der Gesellschaft, Bundesligisten und große europäische Top-Klubs investieren und gründen eSports-Abteilungen. Sogar die klassischen Medien berichten über den eSports. Wie siehst du die Entwicklung, alles größer, bunter und auch kommerzieller, Gefahr oder Segen? Sehnst du dich manchmal nach der Zeit, in der alles kleiner und einfacher war?
Es ist natürlich Gefahr und Segen zugleich. Natürlich vermisse ich manchmal die alten Zeiten, als der eSports noch unterm Radar war und man machen konnte, was man wollte. Auf der anderen Seite kann man tolle Menschen um sich scharen, die ihr täglich Brot damit verdienen und etwas für die Zukunft aufbauen.
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- TaKeTV ist im internationalen Raum für die Organisation und Veranstaltung eigener Turnier- und Ligaformate – wie z.B. den Acer TeamStory Cup oder den SeatStory Cup – bekannt. Das bekannteste TaKeTV-Turnier ist allerdings der HomeStory Cup.
- Neben der Live-Übertragung zählen außerdem die Bereiche der Video-Produktion, Textilfertigung und -verkauf sowie Agenturarbeiten für Partner zu den Aufgaben bei TaKeTV.
- Der Bereich Videoproduktion setzt sich bei TaKeTV durch, es gibt eigene Produkte sowie Auftragsproduktionen auf Events, wie z.B. die jährlich stattfindende Gamescom im August oder die DreamHack im Januar.
- Mit mehr als 10 Millionen einzigartigen Zuschauern pro Jahr und insgesamt 83 Millionen Aufrufen auf dem Live-Kanal ist TaKeTV heute eine stetig wachsende Marke. Mit dem Umzug im Jahr 2015 in die neue 2.000 m² große Location werden weitere und größere Events auf die Community warten.
Ein Phänomen für sich. Von der verhöhnten Nische zum Mainstream und Publikumsmagnet.
Mit Dennis Gehlen sprach Patrick Schölzel
Bildquellen: TaKeTV