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Ein Ende mit Schrecken?

Reportagen

Veröffentlicht am 19.09.2011

Am 1. Juli diesen Jahres wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Fast 55 Jahre lang mussten junge Männer, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten und deutsche Staatsbürger waren, zum Wehrdienst antreten.

Ebenso lange konnten die jungen Männer aber auch den Kriegsdienst verweigern und stattdessen einen Ersatzdienst leisten.

Das Ende der Wehrpflicht bedeutete nun auch das Aus für diesen Ersatzdienst, besser bekannt als Zivildienst.

Was bleibt ist die Möglichkeit des Bundesfreiwilligendienstes. Dieser dauert mindestens sechs und maximal 23 Monate. Er steht sowohl Männern als auch Frauen frei und kann in den Bereichen der Pflege und Betreuung, Bildung und Erziehung, Umwelt- und Katastrophenschutz sowie der Entwicklungshilfe und im militärischen Dienst der Bundeswehr absolviert werden.

So lautet zumindest der Plan der Bundesregierung. Doch viele Einrichtungen, die jahrelang die Hilfe von Zivis in Anspruch genommen haben, befürchten einen beinahe unersetzlichen Verlust an Unterstützung. Der Bundesfreiwilligendienst könne da kaum helfen. Im März 2010 gab es über 77.000 Zivis in Deutschland. Familienministerin Kristina Schröder rechnete nach Aussetzung der Wehrpflicht mit 35.000 freiwilligen Dienstleistenden pro Jahr. Damit würden nach und nach fast 40.000 Stellen nicht mehr besetzt werden können. Die Sorgen der Einrichtungen, die auf Zivis angewiesen sind, scheinen begründet.

Wir haben Studenten an der BTU Cottbus gefragt, ob sie beim Bund oder Zivis waren, ob sie überhaupt schon eingezogen wurden und was sie über die Zivildienstproblematik denken.

Umfrage_BundeswehrMichael Starke (20 Jahre), Informations- und Medientechnik:

Ich wurde vom Wehrdienst ausgemustert. Somit wäre das Gesetz für mich zu spät gekommen. Trotzdem finde ich es gut, dass man die Wehrpflicht abgeschafft hat. Man sollte niemanden zwingen, zur Bundeswehr zu gehen. Ich glaube aber, dass sich nicht so viele Freiwillige finden werden, um alle fehlenden Zivis zu ersetzen.

Lukas Sondergeld (23), Architektur:

Ich habe bereits meinen Zivildienst geleistet. Bereut habe ich es nie, denn es war ein tolles Jahr und ich hatte noch etwas Zeit bis zum Studium. Außerdem wusste ich von Vornherein, dass ich nicht zur Bundeswehr möchte. Nun bin ich mir aber sicher, dass die Bundeswehr unter Nachwuchsmangel leiden wird. Die Aussetzung der Wehrpflicht hört sich zunächst gut an, doch sie ist ein zweischneidiges Schwert.

Chris Briesemeister (22), Wirtschaftsingenieurwesen:

Um die Wehrpflicht kam ich herum, weil ich zwei Brüder habe, die bereits bei der Bundeswehr waren. Als dritter Sohn war ich deshalb befreit. Allerdings finde ich, dass es manchen Leuten nicht geschadet hat, zur Bundeswehr zu müssen. Dort haben sie gelernt, was es heißt, Ordnung halten zu müssen. Und die Bundeswehr bot auch eine Ausbildungsperspektive. Letztendlich finde ich es aber schon nicht schlecht, dass die Wehrpflicht abgeschafft wurde, denn nun können Leute, die studieren wollen, gleich mit dem Studium beginnen.

Stefan Scharoba (22), Informatik:

Es ist vollkommen okay, dass die Wehrpflicht abgeschafft wurde, denn heute braucht keiner mehr eine militärische Ausbildung. Die Bundeswehr muss niemanden erziehen. Ich wurde noch lange vor dem Gesetz ausgemustert und kam somit um den Dienst herum. Ein großer Nachteil ist aber, dass die Zivis nun an vielen Stellen fehlen werden. Ich glaube, dass es nicht genug Freiwillige geben wird, um das zu kompensieren.

Frederik Broy (24), BWL:

Meine Bundeswehrzeit war nicht schlecht gewesen. Die ersten drei Monate waren anstrengend, die restlichen sechs Monate dann viel entspannter. Bei der Bundeswehr hatte man zumindest gelernt, wie man sich unterordnet und Aufgaben einfach ausführt. Die Abschaffung wird große finanzielle Probleme bereiten, da nun Fachkräfte oder Berufssoldaten nötig werden. Freiwillige werden nicht ausreichen. Ich sehe die Abschaffung der Wehrpflicht eher negativ.