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Die Jugend von Heute

Leben

Veröffentlicht am 01.02.2021

Die Medien sind voll von Vorwürfen, Vorurteilen und negativer Nachrede: Auch über die Jugend von heute. Sie sei faul, arrogant, rotzfrech und nur am Handy zu finden. Sie kenne keinen Respekt und keine Disziplin. Und sie wisse nicht, was sie will. Doch sind diese Vorurteile wahr? Wird einfach jede kommende Generation immer schlimmer oder ist diese Nachrede ein Symptom der Erwachsenen, die ihre eigene Jugend romantisiert? PLANBAR hat sich für euch im Familien-. & Bekanntenkreis mal umgehört und versucht diese Fragen zu beantworten.

 

Mangelnder Respekt, fehlende Demut - liegt die Schuld bei den Eltern?

"Der Respekt und die Demut sind verloren gegangen", sagt Marianne (63). Ein von der Elterngeneration gemachtes Problem? Das stimme nur zum Teil, sagt Marianne. Es sei vor allem von unserer Gesellschaft, die einer strengen Erziehung widerspreche. Das Problem beginne so bereits bei den ErzieherInnen und LehrerInnen. Sie haben nicht mehr die Möglichkeit durchzugreifen. Auch weil Kinder mittlerweile viel mehr außerhäuslich geprägt werden, könne die Elterngeneration nicht für alles verantwortlich gemacht werden, was schief läuft. Hinzukomme, dass die jungen Leute sich ihre Rechte falsch auslegen: Sie erlauben sich Dinge und versuchen dann ein Schlupfloch im Gesetz zu finden - haben Spaß, aber tragen die Konsequenzen nicht.

Kampfkunst prägt den Charakter

Wenn man sich mit Sina (13) unterhält, hat man ein ganz anderes Gefühl. Die Siebtklässlerin ist ein höfliches und freundliches Mädchen mit einem besonderen Hobby: Taekwondo - eine koreanische Kampfkunst. Seit vier Jahren geht sie mehrmals die Woche zum Training, verdient sich ihre Gürtel auf Wettkämpfen und ist mittlerweile sogar selbst als Trainerin tätig. Dort vermittelt sie Disziplin, Respekt und Will. Eigenschaften, die sie auch in ihren Alltag integriert. Sie schätzt ihre Mitmenschen, versucht sich für die Umwelt einzusetzen, indem sie beim Spaziergang im Wald Müll sammelt und ist neugierig neue Dinge kennenzulernen.

Wer im Ehrenamt aktiv ist, kann Verantwortung übernehmen

Lena (22) sagt, es seien vor allem die Negativ-Beispiele, die ihr auffielen. regelmäßig sehe sie Jugendliche, die rumpöbeln und ungepflegt seien. Auch auf Messen seien immer mehr unverschämte und lustlose Jugendliche unterwegs. "Sie realisieren gar nicht, was sie sich mit ihrem Verhalten alles verbauen." sagt Lena. Dabei sei sie sich nicht sicher, ob dieses Verhalten an der Erziehung der häufig noch jungen Eltern liege oder eher an der Erziehung in den Schulen.
Lena selbst ist eine engagierte junge Frau: Mit vier Jahren kommt sie zum Karneval, tanzt 14 Jahre lang selbst im Verein, bis ihre Gesundheit nicht mehr mitmacht. Doch der Verein liegt ihr am Herzen: Sie macht ihren Trainerschein, um selbst den Nachwuchs trainieren zu können. Durch ihre Zeit im Karneval hat Lena vor allem eins gelernt: Dass sie menschlich so gut wie nichts aus der Fassung bringen kann und dass sie sehr gut unter Druck funktioniert.
Weil ihr der Konkurrenzkampf im Verein nicht gefallen hat, sucht sie jetzt nach einer neuen ehrenamtlichen Aufgabe. Ob Jugendtreff oder Kinderstation im Krankenhaus ist ihr dabei egal.

"Wir kannten gar keine Langeweile. Die Jugend von heute will bespielt werden."

Doch das Vereinssterben zeigt: Anders als Sina und Lena, engagieren sich viele Jugendliche nicht mehr ehrenamtlich. Das bleibt auch bei der älteren Generation nicht unbemerkt. "Die Jugendlichen sind nicht bereit eine Eigenleistung zu erbringen.", sagt die 63-jährige Marianne.
Wenn sie an ihre Jugend zurückdenke, habe sie nie Langeweile gehabt. Habe es nichts zu tun gegeben, habe man sich eine Aufgabe gesucht. "Wir kannten gar keine Langeweile. Die Jugend von heute will bespielt werden.", sagt Marianne.
Es nerve sie, dass die jungen Leute heutzutage nicht in der Lage sind, zu normalen Zeiten Party zu machen. Marianne arbeitet im Kultur- und Veranstaltungsbereich. Bei der gleichen Band sei gegen 20 Uhr nichts los, während es ab 23 Uhr komplett voll sei, erzählt sie. Das versteht sie nicht.

Was die Älteren noch von den Jungen lernen können

Etwas positives fällt Marianne dann doch noch ein: Sie sei begeistert, wie multikulturell die Jugend von heute ist. "Die Jugendlichen sind im Allgemeinen viel unvoreingenommener", sagt sie. Herkunft spiele keine so große Rolle mehr. Für ihre Generation hingegen sei das ein stehengebliebener Lernprozess. Es beschäme sie, wenn sie an manche Aussagen ihrer Altersgenossen denkt: "Das Schlimmste, was es überhaupt auf der Welt gibt, ist jemanden nach seiner Hautfarbe zu beurteilen.", sagt sie.
Auch das große Interesse der jungen Menschen an Kultur gefällt Marianne: Geschäftlich habe sie mit einen großen Projekt im Regionalmuseum zu tun. Es soll auch für die junge Generation ansprechend gestaltet werden - da packen die jungen Leute mit an und liefern viel Inspiration.
Und auch Lena findet, dass an der jungen Generation nicht alles schlecht ist: "Die jungen Leute sind relativ aufgeklärt - im Sinne von Freigeist, Regeln und Kultur.", sagt sie. Sina räumt mit einem weiteren Vorurteil auf: Das Handy spiele bei ihr und ihren Klassenkameraden durchaus eine Rolle, werde aber durchaus ohne Probleme auch mal weggelegt.

Sind die Vorurteile nun wahr oder an den Haaren herbeigezogen?

Vermutlich ist es eine Mischung aus beidem. Es ist nichts schwarz oder weiß. Und so, wie es in der Generation von Lena und Sina schwarze Schafe gibt, so gab es diese auch in der Generation von Marianne. Schon Sokrates sagte: "Die Jugend liebt heutzutage des Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer." Klingt, als hätte sich in den letzten zweitausend Jahren doch nicht so viel geändert.