Belastbar, empathisch, und verantwortungsbewusst - die Ausbildung zum Polizisten/in (m/w/d)

Vielfältige Aufgaben, eine sichere Perspektive als Beamter und viel Verantwortung - Die Ausbildung bei der Polizei.
Polizisten lächeln in die Kamera

Vielfältige Aufgaben, eine sichere Perspektive als Beamter und viel Verantwortung. Das sind die Attribute, mit denen Polizeioberkommissar Tim Krause seinen Beruf potentiellen Bewerbern gegenüber anpreist. Doch schon ein Blick auf die Ausbildung von Polizisten, ebenso wie auf die aktuelle kritische Debatte über die Rolle der Polizei, zeigt, dass der Beruf auch anspruchsvoll ist.
Krause ist bei der Brandenburger Polizei für die Werbung neuer Anwärterinnen und Anwärter für den Dienst in der Polizei zuständig. Zuvor war er schon einige Jahre mitverantwortlich für den Auswahlprozess, nachdem er zunächst sechs Jahre in der Einsatzhundertschaft und dem Kriminaldauerdienst aktiv als Polizist gearbeitet hat.

Das Auswahlverfahren für die Polizei

Um als Polizeianwärterinnen und -anwärter angenommen zu werden, müssen Interessierte ein mehrstufiges, an zwei Tagen durchgeführtes Auswahlprozedere durchlaufen. Dazu zählen ein Test für psychologische Eigenschaften und kognitive Fähigkeiten; ein Diktat; ein Sport- und Körpereignungstest; eine ärztliche Untersuchung; und Eignungstests, die in einem Rollenspiel und Einzelgesprächen durchgeführt werden.
Bewerber müssen in jedem dieser Teilbereiche bestehen, um für eine Aufnahme in Frage zu kommen. Darüber, wer genommen wird, entscheidet eine Rangliste aus den Teilen, die mit Punkten bewertet werden – dem psychologischen Messverfahren und dem Eignungstest. „Wenn man die Tests besteht, hat man auch eine gute Chance genommen zu werden“, sagt Krause. Die erfahrungsgemäß größte Hürde stelle dabei der psychologische Test dar, berichtet Krause, der seit fünf Jahren im Auswahlverfahren und der Werbung neuer Interessenten arbeitet.
Auch falls die Bewertung einer Bewerberin oder eines Bewerbers in der aktuellen Runde nicht für eine Einstellung reicht, könne daran gearbeitet werden, es später noch einmal zu probieren. Einstellungsrunden gibt es jährlich im April und Oktober, dann werden jeweils 75 Ausbildungsstellen im mittleren und 125 im gehobenen Dienst besetzt.

Keine Mindest-Körpergröße

Seit 2017 ist dabei in Brandenburg eine bestimmte Körpergröße nicht mehr Voraussetzung für die Einstellung. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass ein bestimmtes Maß angesichts der Rechtslage kein objektives Kriterium ist“, so Krause. Stattdessen müssen Bewerberinnen und Bewerber die körperlichen Anforderungen eines Eignungstests erfüllen. Neben einem Schwimmpass in Bronze gehört dazu eine Reihe sportlicher Tests und der Nachweis, Einsatzmittel handhaben zu können. Dazu zählen Einsatzschilde ebenso wie eine Waffen-Attrappe.
Diese Tests zu bestehen, ist aber nicht an eine bestimmte Körpergröße gebunden, wie sie viele andere Bundesländer weiterhin vorschreiben. Zwar seien bestimmte Einsatzbereiche auch an körperliche Voraussetzungen gebunden, sagt Tim Krause, betont aber: „Einige Bewerberinnen und Bewerber konnten sich endlich für ihren Wunschberuf bewerben, und wir verlieren so keine Top-Kandidaten für viele Rollen im Dienst.“
Bei der Brandenburger Polizei gibt es seit 2017 keine Mindest-Körpergröße als Einstellungsvoraussetzung mehr.

Karrieren in der Polizei

Beide Dienst-Levels haben eigene Qualifizierungswege: eine Ausbildung für den sogenannten mittleren Dienst, ein Studium – mit der Voraussetzung Hochschulreife – für den gehobenen Dienst. „Eine Besonderheit der Polizei-Ausbildung in Brandenburg ist dabei, dass sie für Schutz- und Kriminalpolizei gemeinsam erfolgt“, sagt Tim Krause. In welchen Einsatzbereichen der Polizei Beamtinnen und Beamte dann arbeiten, entscheidet sich nach der Ausbildung und der zugewiesenen Erstverwendung.
„Man hat die Karriere dann in der eigenen Hand“, sagt Krause. Stellen, in den über 100 verschiedenen Einsatzbereichen der Polizei, werden intern ausgeschrieben und sind zum Teil mit eigenen Auswahlverfahren verbunden.
Polizei-Laufbahnen können mit einer Ausbildung „für den mittleren Dienst“ oder einem Studium für den „gehobenen Dienst“ beginnen
Jochen Christe - Zeyse ist seit 2008 Vize-Präsident der Polizei-Hochschule.

Charakterliche Eignung

In diesem Verfahren spielt nicht zuletzt die charakterliche Eignung für die Arbeit in der Polizei eine große Rolle. „Wir suchen nicht den ‚Rambo’ mit übersteigertem Geltungsbedürfnis, der zu sehr darauf aus ist, Schusswaffen zu gebrauchen oder körperliche Auseinandersetzungen zu suchen“, sagt Polizist Krause.
Gleichzeitig müssten Bewerber aber auch darauf vorbereitet sein, mit Konfliktsituationen konfrontiert zu werden und Zwangsmittel – eben bis hin zu Schusswaffen – einzusetzen. Als „zielstrebig, entscheidungsfreudig, belastbar, empathisch und teamfähig“ beschreibt Krause die Charaktere, die sich für die Polizei eignen. Beamte müssten oft schnell schwere Entscheidungen treffen, bei denen auch Leben und Tod auf dem Spiel stehen kann: „Es ist ein sehr verantwortungsvoller Beruf.“
Darauf, der Verantwortung des Berufs auch gerecht zu werden, soll die Ausbildung auch inhaltlich vorbereiten. Dazu gehört unter anderem eine Sensibilisierung für die eigenen Impulse und mögliche Vorurteile. Oder ein Kommunikationstraining, in dem auch Empathie für die Betroffenen polizeilicher Maßnahmen eine Rolle spielen soll.
Und im Namen des Teils der Ausbildung, der sich mit dem Gebrauch von Schusswaffen befasst, ist kein Zufall, was zuerst kommt: „Nicht schießen – schießen.“ Denn gelehrt wird hier auch, wie Situationen ohne Gewalt deeskaliert werden können.

Pflicht zum Widersprechen

Gerade wegen der großen Verantwortung, die Polizisten und Polizistinnen tragen, ist auch ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeit im Polizeidienst, betont Jochen Christe-Zeyse, der Vizepräsident der Oranienburger Polizei-Hochschule. Zwar recherchiere die Hochschule bei der Aufnahme von Bewerbern zum Beispiel nicht in den Profilen von Bewerbern in sozialen Netzwerken. Strafverfahren gegen Bewerber würden der Institution aber bekannt und wären gegebenenfalls ein Ausschlusskriterium.
„Und es ist ein Teil der Pflicht von Polizisten und Polizistinnen, auch denen in der Ausbildung, zu widersprechen, wenn Kollegen diskriminierende Sprüche oder Witze machen.“ Dagegen sozialen Druck aufzubauen und Beschwerden gegebenenfalls auch an Vorgesetzte weiterzugeben, sei geboten, und verstoße nicht gegen einen internen Verhaltenskodex.
An der Hochschule der Brandenburger Polizei habe es bisher zwar keine Beschwerden über rassistische Ausfälle, wohl aber über Sexismus und antisemitische Sprüche gegeben. Teilweise haben diese Beschwerden Christe-Zeyse zufolge auch zu Entlassungen oder Ausscheiden aus dem Polizeidienst geführt. Im Kontext solcher Beschwerden seien auch Hinweise auf Likes von Seiten in sozialen Netzwerken, „die auf keinen Fall vertretbar waren“, gemacht worden. Darauf werde mit konfrontierenden Gesprächen und möglicherweise Disziplinarmaßnahmen oder sogar Entlassung reagiert.


Daniel Roßbach