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ARD und ZDF machen einen auf jung und modern

Allgemein

Veröffentlicht am 03.08.2015

Rundfunk-Gebühren, GEZ oder wie sich das Zeug auch schimpfen mag. Finanziert werden damit eben nicht nur die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender und Radios, sondern auch deren Internetpräsenz. Und grade hier versuchen ARD und Co. einen auf modern und jung zu machen.

Für mich ist das Fernsehjahr 2015 jetzt schon das Schlimmste aller Zeiten. Na gut, was weiß ich mit 20 Jahren schon über Fernsehgeschichte. Aber mit Stefan Raab geht einer der wohl talentiertesten, wenn auch umstrittensten, Entertainer deutscher Fernsehgeschichte. Ja, ich weiß. In diesem Beitrag geht es nicht um das bereits totgeschriebene Thema Rücktritt vom Herrn Raab. Aber dieser Mann hat wohl das Wort Entertainer verdient. "Let me entertain you" der Slogan von Pro7 vor einigen Jahren bezog sich zu 99% auf diese Person. Mit TV Total endet in diesem Jahr meine Lieblings- ja kann man das eigentlich Talkshow nennen? - sendung im deutschen Fernsehen. Das interessante:

Wenn man sich Stefan Raabs Karriere einmal anschaut, wie er 1993 noch bei Viva auftrumpfte

Völlig verrückt, erreichte er damals eine junge Zielgruppe. Und heute? Neben den Fans von damals begeistert er weiterhin ein überwiegend junges Publikum. Dazu braucht man sich nur einmal das Publikum bei TV Total anschauen, was anscheinend zunehmend jünger wird. Stock-Car-Crash Challenge, Wok-WM und Schlag den Raab sind weitere, mehr oder weniger lustige, Sendungen, die auf jeden Fall ihr Publikum unter den jüngeren Zuschauern haben. Wie macht der Entertainer und Musiker (bekannte Hits: "Wadde hadde dudde da" | "Hier kommt die Maus") das bloß?

Das Geheimnis der ewigen TV-Jugend?

Weil er sich immer noch schräg anzieht und jung und dynamisch wirken will? Nein. Mittlerweile mit Hemd und Sakko. Ganz seriös, aber eben ehrlich und immernoch sympathisch, wenn man ihn mag. Und wenn man ihn nicht mag, dann hätte man das vor 22 Jahren auch nicht.

Und in dieser Tatsache liegt auch gleichzeitig die Lösung für ein Problem der öffentlich-rechtlichen. Während Joko und Klaas sich  mit Stefan Raab noch auf Pro7 die Dienstagabend-unterhaltung in die Hand geben, eine Mischung aus junger, ehrlicher Entertainer und einem Erfahrenen, ehrlichem Künstler, blickt man bei den öffentlich-rechtlichen mittlerweile gar nicht mehr durch, was es alles für tolle, hippe, coole Sendungen für ein junges Publikum gibt. Ich hab manchmal das Gefühl, hier werden Sendungen produziert, die vom Niveau her zwischen Schwiegertochter gesucht und dem KIKA liegen. Nichts gegen den KIKA, aber so etwas muss doch wirklich nicht sein.

Das Internetmagazin "Fernsehkritik.tv" bringt es auf den Punkt. Mit der Übertragung des Webvideopreises, bei dem die RTL-Fraktion unter den YouTube-Stars vertreten war, schießt die ARD den Vogel ab. YouTube ist YouTube und öffentlich-rechtlich ist öffentlich-rechtlich. Wenn ich langweiliges, niveauloses und anspruchlose Sachen sehen will, dann gucke ich RTL. Und das ist nicht negativ gemeint. Schließlich muss man Respekt davor haben, wie man mit belanglosem Schrott auf Dauer Gewinn machen kann, wie RTL es schafft. Marketing-technisch eine hohe 1.

Der Webvideopreis völlig deplatziert

Das Paradoxe: Wieso übertragen ARD und Dritte einen "WEB"-Videopreis. Das macht ungefähr so viel Sinn, wie wenn das Radio den Fernsehpreis verleiht. Der Webvideopreis ist sicher eine wichtige Sache. Allerdings sollte man aufpassen, dass dieser nicht in die Belanglosigkeit einiger anderer Preisverleihungen im deutschen Fernsehen abdriftet. Kritik an YouTube möchte ich aber an dieser Stelle erstmal hinten anstellen, obwohl man darüber wahrscheinlich auch seitenweise berichten kann. Das gute an der Plattform ist: Es gibt auch gute und hilfreiche Videos.

Bei ARD und ZDF ist der Senderahmen allerdings beschränkt und da sollte man schon aufpassen, wie viel Quatsch wir mit unseren Gebühren finanzieren. Klar, die schönsten Eisenbahnstrecken Deutschlands, eine Sendung die auf den öffentlich-rechtlichen Sendern läuft, schaue ich mir auch nicht an. Aber es mag möglicherweise ein Publikum dafür geben. Und genau das ist ja der Auftrag dieser Sender, dass sie jeden bedienen.

Klar, da müssen auch die jungen Leute angesprochen werden. Aber bitte nicht so zwanghaft.

Eine crossmediale Verknüpfung verschiedener digitaler Kanäle von ARD und ZDF kostet die öffentlich-rechtlichen Sender 45 Millionen Euro. Das Geld wird unter anderem aus dem Abschalten von Sendern, wie ZDF Kultur oder EinsPlus erreicht. 2016 sollen dann verschiedene Sendungen im Internet und im Fernsehen an den Start gehen. Deshalb sind die öffentlich-rechtlichen vermutlich auch so an dem "Webvideo-Preis" und anderen Internetstars interessiert. Sie wollen sie in ihr Programm mit einbeziehen. Ob mit der Neuausrichtung wirklich eine jüngere Zielgruppe begeistert wird ist fraglich.

#sbs